Käte Hamburger Kolleg

Forschung

Im Zentrum der Forschung steht die Kernaufgabe, die Möglichkeiten und Hindernisse für grenzüberschreitende Kooperation zu ergründen und besser zu verstehen. Am Kolleg entwickeln Forscher*innen aus verschiedenen Fachrichtungen und allen Weltregionen die Umrisse einer zeitgemäßen Kooperationsforschung, um neue Wege globaler Politikgestaltung zur Krisenbewältigung und zum Schutz der globalen Gemeingüter zu erkunden. Ziel des Kollegs ist es, zum Knotenpunkt eines sich daraus entwickelnden Forschungszweiges zu werden. Drängende transnationale Probleme wie etwa der Klimawandel, globale Finanzkrisen oder akute Krisensituationen wie derzeit in Syrien und der ganzen Region verdeutlichen die zentrale Bedeutung globaler Kooperation und damit einhergehend auch der Kooperationsforschung. Seit seiner Gründung im Februar 2012 waren 63 Politikwissenschaftler*innen, Soziolog*innen, Wirtschaftswissenschaftler*innen, Historiker*innen, Rechtswissenschaftler*innen, Kulturwissenschaftler*innen, Philosoph*innen und Anthropolog*innen aus 21 Ländern und allen Kontinenten zu Gast am Käte Hamburger Kolleg. 

Die Projekte der Fellows, die das Herzstück der Forschung am Kolleg bilden, sind thematisch vier Forschungsbereichen zugeordnet: 

  • Forschungsbereich 1 „Die (Un-)Möglichkeit von Kooperation“ beschäftigt sich mit der Frage, ob und wenn ja wie Kooperation auf globaler Ebene gelingen kann. Dabei spielt im multidisziplinären Forschungsbereich immer das Ziel eine Rolle, Erkenntnisse von der Mikro-Ebene, etwa aus der experimentellen Forschung zu Kooperation in Kleingruppen, auf die wesentlich komplexere Makro-Ebene internationaler Verhandlungen, etwa im Bereich der Klimaverhandlungen, zu übertragen. Aus der Forschung zur Rolle und Funktion sozialer Institutionen, die transnationale Kooperation fördern, werden Fortschritte in Bezug auf den schwierigen Transfer an der Lücke zwischen der Mikro- und Makro-Ebene erwartet.
  • Forschungsbereich 2 „Globale Kulturkonflikte und transkulturelle Kooperation“ befasst sich mit der Frage, wie kulturelle und religiöse Überzeugungen und Weltbilder globale Kooperation beeinflussen. Eines der Ziele des Forschungsbereichs ist es, die kulturellen Bedeutungen zu untersuchen, die verschiedenen Narrativen und Praktiken von Kooperation zu Grunde liegen. Dazu werden Situationen untersucht, in denen globale und transnationale Konflikte sich als schwer lösbar erweisen, weil sie als „kulturell“ interpretiert und erfahren werden. Außerdem werden die Voraussetzungen für erfolgreiche transkulturelle Kooperation analysiert. 2014 und 2015 standen besonders die Themen Humanitarismus und Gabentausch im Fokus.
  • Forschungsbereich 3 „Global Governance Revisited“ widmet sich kritisch der Frage, wie sich die zunehmende Heterogenität von politischen und professionellen Kulturen auf Global Governance auswirkt. Besondere Aufmerksamkeit gilt zum einen der Inklusion von nicht-westlichen, etwa chinesischen oder indischen  Perspektiven auf Weltordnung, und zum anderen den Folgen der Diversifizierung der politischen und professionellen Kulturen konkret für internationale Verhandlungen, etwa im Bereich der Klimapolitik. Neben Projekten zu experimenteller Außenpolitikforschung oder der Rolle von „Big Data“ für internationales Regieren lag 2014 und 2015 ein besonderer Fokus auf Chinas Haltung zur Lösung globaler Probleme.  
  • Forschungsbereich 4 „Demokratisierungsparadoxe und -perspektiven“ beschäftigt sich mit dem Zusammenhang von Demokratie, Demokratisierung und Kooperation unter den Bedingungen einer zunehmenden Globalisierung sowie mit Legitimitätskonflikten in Prozessen globaler Kooperation. So wurden in den letzten Jahren konkrete Beispiele gelingender oder zweifelhafter Demokratisierungsprozesse, etwa in Mali oder Tunesien, analysiert. Außerdem arbeitet der Forschungsbereich zur Bedeutung von Narrativen für gelingende Kooperation und untersucht, welche Rolle narrative Muster und fiktive Elemente bei der Beschreibung, Definition und Aushandlung von Problemstellungen im Kontext globaler Kooperation spielen.

Das Käte Hamburger Kolleg hat seine erfolgreichen Veranstaltungsformate in den letzten beiden Jahren mit sieben Workshops für ein akademisches Fachpublikum sowie neun ‚Käte Hamburger Lectures‘ und vier ‚Käte Hamburger Dialogues‘, die sich an die interessierte Öffentlichkeit richteten, fortgeführt. Neben den regelmäßigen Forschungskolloquien haben unsere Fellows außerdem zahlreiche interne ‚InHouse‘ Workshops organisiert, die neben den regulären Forschungsthemen immer wieder auch aktuelle Entwicklungen wie etwa die Ebola-Krise in Westafrika abgedeckt haben. Hier nur ein kleiner Ausschnitt aus den zahlreichen Veranstaltungen:

  • In den Käte Hamburger Lectures der Jahre 2014 und 2015, für die renommierte Redner*innen wie etwa Tom G. Weiss, Nadje Al-Ali oder Scott Barrett gewonnen werden konnten, standen Themen wie die Sustainable Development Goals und globale (Un-)Gerechtigkeit, der Aufstieg der G20 und der BRICS, oder der Humanitarismus im Mittelpunkt. 
  • Die Käte Hamburger Dialogues widmeten sich aktuellen Themen wie etwa den gegenwärtigen Entwicklungen in Tunesien, der Krim-Krise oder der neuen Position Irans nach der Unterzeichnung des Atomabkommens und seiner möglichen Rolle bei der Bewältigung der Gewaltkonflikte in Syrien, Irak, Afghanistan oder Jemen.
  • Die 2013 gestartete Praktikerseminar-Reihe zur Zukunft der Klimapolitik wurde mit einem zweiten Expert*innenworkshop fortgeführt, auf dem sich die Teilnehmer*innen aus Ministerien, NGOs und Forschungseinrichtungen über Entwicklungen in der Klimapolitik seit den Konferenzen in Kopenhagen 2009 und Warschau 2013 austauschten und ihre Erwartungen bezüglich des Klimaschutzabkommens diskutierten, das 2015 in Paris beschlossen wurde.
  • Die zweite Meisterklasse des Kollegs, die wieder eingebettet in die Ruhrtriennale stattfand, behandelte das Thema „Gaben der Kooperation“. Forscher*innen aus über 10 Ländern und verschiedenen Disziplinen diskutierten die theoretischen Grundlagen des Gabeparadigmas und untersuchten anhand einer Reihe empirischer Fallstudien, etwa aus dem Bereich der Entwicklungszusammenarbeit oder der internationalen Philanthropie, die Bedeutung der Gabe für globale Kooperation.
  • Einen großen Erfolg stellte die Midterm-Konferenz des Kollegs mit dem Titel „Global Cooperation: Can we build on it? Findings and perspectives“ im Juli 2015 dar. Das Kolleg nutzte zur Halbzeit der ersten Förderphase die Gelegenheit zum Rückblick, besonders aber zur prospektiven Reflexion und brachte 100 Wissenschaftler*innen des noch recht jungen Forschungsgebietes, darunter auch 30 aktuelle und ehemalige Fellows, für eine intensive Debatte und gegenseitigen Austausch zusammen.

Neben den zahlreichen externen Publikationen sind auch die kollegseigenen Publikationsreihen gewachsen. In den mittlerweile zwölf Global Cooperation Research Papers sind aktuelle Forschungsarbeiten der Mitarbeiter*innen und Gastwissenschaftler*innen des Kollegs veröffentlicht. Die zehn Global Dialogues bilden den intellektuellen und interdisziplinären Austausch im Kontext des Kollegs und seiner Veranstaltungen ab und richten sich mit Themen wie „Tafeln, teilen, trennen – Nahrung und Essen als Gaben“ oder „Global Cooperation Through Cultural Diversity: Remaking Democracy?“ an ein breites Fachpublikum. Nächstes Jahr startet die Routledge Global Cooperation Series, eine von Tobias Debiel, Claus Leggewie und Dirk Messner herausgegebene interdisziplinäre Buchreihe, deren Bände sich aus verschiedensten Perspektiven mit diversen Fragestellungen und Problemen globaler Kooperation auseinandersetzen. Anfang 2016 werden die ersten drei Bände mit den Titeln „Global Cooperation and the Human Factor in International Relations“, „Peacebuilding in Crisis“ und „Humanitarianism and Challenges of Cooperation“ veröffentlicht. Für vier weitere Bände sind die Verträge bereits unterzeichnet; darüber hinaus sind neue Buchprojekte in Bearbeitung.