Forschung
Die neue Einrichtung hebt Umfang und Bedeutung der Forschungen zu Integration und Migration an der Universität Duisburg-Essen hervor, sie fördert die Zusammenarbeit mit Forscher*innen anderer etablierter Einrichtungen und stärkt die Wettbewerbsfähigkeit der Forschung an der UDE. Die Gründung wurde nicht zuletzt von der Überzeugung inspiriert, dass Wissenschaft und Forschung gesellschaftliche Herausforderungen annehmen und wichtige Antworten und Initiativen für aktuelle Probleme und Konflikte entwickeln können.
Migration als Wanderungsbewegung zwischen Regionen oder zwischen und innerhalb von Staaten hat viele Gründe, vielfach sind sie mit Krieg, Not und Elend, oft auch mit Erwartungen verbunden, an anderen Orten, in anderen Gesellschaften und Staaten ein besseres Leben führen zu können. Bei Individuen wie in den Herkunfts- und Aufnahmegesellschaften führen Migrationsprozesse zu teilweise erheblichen Veränderungen, nicht selten zu Konflikten und längerfristigen sozialen oder politischen Verwerfungen, aber auch zu neuen Entfaltungsmöglichkeiten in Kultur und Wirtschaft. Zuwanderung ist eine Herausforderung zur Gestaltung, sie macht es notwendig, Chancen und Ressourcen zu erkennen und mögliche Wirkungen und Risiken einzuschätzen. Wie sind die Gründe und Folgen von Migration und die Chancen und Hemmnisse der Integration in Bezug auf Arbeit, Bildung, Gesundheit, Kultur, Politik, Recht, Religion und Sprache theoretisch und empirisch zu fassen und zu verstehen? Die Antworten auf diese Fragen helfen, neue Möglichkeiten der Gestaltung zu konzipieren, zu diskutieren und auf ihre Konsequenzen zu prüfen.
An der Universität Duisburg-Essen forschen und lehren mehr als 70 Wissenschaftler*innen aus unterschiedlichen Disziplinen und Fakultäten zu Integration und Migration. InZentIM will diese besondere wissenschaftliche Kompetenz, die auch für öffentliche Diskurse und Entscheidungen relevante Expertise bereithält, fördern, vernetzen und im Austausch vertiefen. Die wissenschaftliche Arbeit von InZentIM konzentriert sich auf Kernthemen, die in Clustern bearbeitet werden (Sprache und Kommunikation; Kultur und Religion; Bildung, Arbeit und gesellschaftliche Teilhabe; Gesundheit und Wohlbefinden; Politische Steuerbarkeit und Gestaltung; Transnationale und globale Prozesse). Zur Arbeit in den Clustern tritt die Forschung in Projekten, die mit Drittmitteln finanziert werden. Beispiele hierfür sind die von Prof. Andreas Blätte und Prof. Andreas Niederberger eingeworbene Forschungsgruppe im Rahmen des Projektverbunds „Mercator Forum Migration und Demokratie“, welche die Effekte politischer Steuerungsinstrumente auf Argumentationen und demokratische Willensbildung analysiert, und die DFGgeförderte Migrant*innenwahlstudie von Prof. Achim Görres. Auch ein EU-Projekt konnte von Prof. Niederberger et.al. eingeworben werden: „Norms and Values in the European Migration and Refugee Crisis“. Die Koordination des Projekts liegt an der UDE.
InZentIM regt dazu an, multi- und interdisziplinäre Kooperationen in der Forschung zu erproben und nachhaltig zu entwickeln. Darüber hinaus geht es um die ethischen, politischen und professionsspezifischen Dimensionen, schließlich auch um Wert und Wirkung von Wissenstransfer und Beratung in politischen und gesellschaftlichen Transformationsprozessen.
Der Standort der Universität Duisburg- Essen schärft den Blick für das Forschungsfeld. Die UDE liegt in einer Region, die auf eine lange Geschichte von Migration zurückblicken kann. Durch die vielen Menschen, die kamen und kommen, entstand und entsteht eine vielfältige Gesellschaft, für die Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Erleben, Lernen und Arbeiten alltäglich sind, die aber immer wieder herausgefordert ist, Wandel nicht nur geschehen zu lassen, sondern ihn zu gestalten. Deshalb war es konsequent, hier das erste universitäre Zentrum zu Integration und Migration in NRW zu gründen.
Durch die Einrichtung von drei neuen (Stiftungs-) Professuren in den Jahren 2017/2018 wird es möglich, die bisherige Ausrichtung des Forschungsprofils der UDE in den Bereichen Integration und Migration zu erweitern. Mit ihnen gewinnt auch das Forschungsspektrum von InZentIM neue Dimensionen. Die Professuren befassen sich mit „Migration und Teilhabe“, „Interkultureller Psychologie“ und „Entrepreneurship und Migration“. Ab 2018 wird die Einrichtung neuer Professuren aus dem Bund-Länder-Programm zur Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses (Wisna- Professuren) das Forschungspotenzial von InZentIM noch einmal stärken. Den Professuren werden folgende Themenschwerpunkte zugeordnet: „Transnationale Kooperations- und Migrationsforschung“; „Mehrsprachigkeit und gesellschaftliche Teilhabe“; „Sprachliche Integration“; „Globale Mobilität vom 18.–20. Jahrhundert“; „Arbeitsmarkt, Migration, Integration“. Die neuen Professuren erweitern das Forschungs- und Lehrpotenzial der Fakultäten, in denen sie angesiedelt sind, sie fördern die Integrations- und Migrationsforschung an der Universität und sie tragen zur Ausrichtung und Profilbildung des Interdisziplinären Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung bei.
InZentIM hat seine Gründungsphase für vielfältige Initiativen und Aktivitäten genutzt. Nach der Präsentation im Rahmen eines inneruniversitären Workshops im Oktober 2016 wurde InZentIM am 8. Februar 2017 in der Universität feierlich eröffnet, unter reger Anteilnahme von Wissenschaftler*innen der UDE und im Beisein der Wissenschaftsministerin des Landes NRW, der Oberbürgermeister der Städte Essen und Duisburg und zahlreicher Gäste aus Wirtschaft und Politik. Die Festreden hielten die frühere Bundestagspräsidentin Prof. Dr. Rita Süssmuth und Prof. Dr. Naika Foroutan vom Berliner Institut für empirische Integrationsund Migrationsforschung. Auch die Geschäftsstelle wurde eingerichtet und personell besetzt. Nach dem Gründungsvorstand hat sich inzwischen der erste gewählte Vorstand konstituiert und seine Arbeitsschwerpunkte bestimmt. Zu ihnen zählen nach innen die Entwicklung der kooperativen Funktion von InZentIM und der Aufbau von Formaten und Projekten, nach außen die Positionierung der Forschungseinrichtung in Wissenschaft und Forschung sowie in Region, NRW und Bund, insbesondere durch den Kontakt zu gesellschaftlichen Institutionen und politisch Verantwortlichen.
Einer breiteren Öffentlichkeit konnte InZentIM sich im Juni 2017 mit seiner ersten großen Tagung „Key elements of model communities for refugees and immigrants“ vorstellen. Der sehr gut besuchten und medial wirksamen Tagung lag das Konzept zugrunde, Wissenschaft und Praxis zusammenzuführen. Dass dies gelang, zeigte sich daran, dass neben zahlreichen Teilnehmer*innen aus der Wissenschaft auch viele, oft junge Mitwirkende aus bürgerschaftlichen Initiativen, kommunalen Zentren und überregionalen Institutionen teilgenommen haben. Im Sommer 2018 führt InZentIM erneut einen größeren Kongress durch, er wird international ausgerichtet und dem Thema „Migration, Social Transformation, and Education for Democratic Citizenship“ gewidmet.
Zu den Initiativen von InZentIM in der Startund Aufbauphase gehörte weiterhin die Einrichtung von zwei Gastprofessuren, die Gestaltung der Homepage und die Entwicklung der Ziele und Formate für die inzwischen bis Ende 2018 abgeschlossenen Ziel- und Leistungsvereinbarungen. Mit dem Abschluss der Vereinbarungen ist InZentIM nun auch die fokussierte finanzielle Unterstützung von wissenschaftlichen Vorhaben seiner Mitglieder möglich. Mit besonderem Nachdruck richtet InZentIM sich auf Kooperationen mit Initiativen in der Praxis aus – gerade hier, im Praxisbezug, konkretisiert sich die gesellschaftliche Bedeutung des Zentrums.
Zum weiteren Horizont der InZentIM-Aktivitäten gehört seit Herbst 2016 schließlich die von Prof. Abs und Prof. Blätte geleitete Mitwirkung beim Aufbau eines neuen Forschungsverbundes zu Integration und Migration auf der Bundesebene. InZentIM zählt von Beginn an zu den Gründungsmitgliedern der sogenannten DeZIM-Gemeinschaft, das ist das Netzwerk von sechs führenden deutschen Forschungseinrichtungen, das mit einem zentralen Institut in Berlin den Kooperationsverbund des neuen Deutschen Zentrums für Integrations- und Migrationsforschung bildet. Der DeZIM-Kooperationsverbund entwickelt seine Agenda in engem Zusammenwirken mit Partnern in Verwaltung und Politik. Für die jetzt beginnende Arbeitsphase sind bereits Projekte geplant, die in den beteiligten Instituten durchgeführt werden. Auch InZentIM hat in diesem Kontext Anträge entwickelt, die positiv beschieden wurden und dazu beitragen werden, das nationale und internationale Profil von InZentIM zu schärfen.