Ganz schön klein – von einzelnen Elektronen bis hin zu Nanoteilchen
Von einzelnen Elektronen bis zu neuen elektrochemischen Anwendungen
Im Rahmen mehrerer DFG-geförderter Projekte konnten Prof. Axel Lorke und Dr. Paul Geller die Bewegung einzelner Elektronen in einem elektronischen Bauteil verfolgen. Winzige Halbleiter-Nanopartikel („Quantendots“) zeigen charakteristische optische Anregungen, die von ihrem Ladungszustand abhängen: Ein einziges Elektron bestimmt, ob der Quantendot unter Laser-Anregung leuchtet oder nicht. Verändert sich der Ladungszustand, so entsteht ein charakteristisches Blinken, das verrät, ob gerade ein Elektron vom Quantendot eingefangen oder emittiert wurde. Im Rahmen des SFB1242 wurden diese „optischen Telegraphensignale“ gemeinsam mit der AG von Prof. Jürgen König statistisch ausgewertet.
Metallische Nanopartikel aus Platin werden zur Umwandlung chemischer in elektrische Energie verwendet, beispielsweise in Brennstoffzellen, oder zur Erzeugung von Wasserstoff als Energieträger. Im Rahmen des EU-geförderten Projekts „MoreInnoMat“ konnte Dr. Nicolas Wöhrl aus der AG Lorke gemeinsam mit dem Arbeitskreis (AK) von Prof. Stephan Schulz (Chemie) ein Verfahren zur Synthese von Kohlenstoff-Nanowänden mit eingebetteten Platin-Nanopartikeln entwickeln. Bei dem zum Patent angemeldeten Verfahren schmiegen sich zweidimensionale Kohlenstoff-Atomlagen (Graphen) eng an die Platin-Nanopartikel an, was die Struktur besonders robust für den Einsatz in der Praxis macht.
Nanoskalige magnetische Systeme
Die Arbeitsgruppe von Prof. Michael Farle beschäftigt sich mit den Eigenschaften nanoskaliger magnetischer Systeme. Die Synthese neuer Materialien eröffnet dabei eine Vielzahl von Anwendungen wie effiziente Permanentmagnete für Elektromotoren oder magnetokalorische Materialien für innovative Kühltechnologien. Solche Anwendungen werden im Rahmen des Transregio SFB/TRR 270 der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) zusammen mit Kolleg*innen der Technischen Universität Darmstadt intensiv erforscht. Neben Nanopartikeln für die additive Fertigung (3D-Druck) werden spezielle magnetische Heusler-Legierungen erzeugt, in denen kleine ferromagnetische Ausscheidungen (< 2 nm) in einer antiferromagnetischen Matrix ein sehr hohes Koerzitivfeld bei Raumtemperatur zeigen.
Im DFG-Projekt „Magnetische Landschaften“ werden ultradünne Schichten mit lateral periodisch modulierter Magnetisierung untersucht, um Spinwellen-Phänomene im Sub-Terahertz-Bereich zu kontrollieren. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Entwicklung von maßgeschneiderten Hybrid-Nanopartikeln für die medizinische Theranostik, u.a. im EU-geförderten Projekt MaNaCa in Kooperation mit Kolleg*innen aus Griechenland und Armenien. Die Kombination von Therapie und Diagnostik in magnetischen Nanoteilchen eröffnet neue Ansätze zur Behandlung von Krebs.
Die Wirkung des heißen Elektrons
Sehen kann man sie nicht wirklich, aber dennoch lässt sich der Energiefluss wie in einem Daumenkino verfolgen: Ein Team aus Wissenschaftler*innen der AGs der Professor*innen Uwe Bovensiepen, Rossitza Pentcheva und Heiko Wende hat die Energieübertragung in einem Metall-Isolator-Material untersucht. Langfristig könnte das helfen, das Wärmeproblem in der Mikroelektronik durch gezieltes Materialdesign zu lösen. Verfolgt man ihre Ursache bis auf die atomare Ebene zurück, so landet man beim Elektron, das sich seinen Weg durch verschiedene Materialien bahnt. Aber wie genau?
Das haben die UDE-Physiker*innen vom SFB 1242 „Nichtgleichgewichtsdynamik kondensierter Materie in der Zeitdomäne“ untersucht. Dazu haben sie die Metall-Isolator-Schichtstrukturen mit einem Anrege-Abfrage-Verfahren analysiert: Ein Laserpuls bringt Energie in das System ein. Die Energie regt die Elektronen an, macht sie quasi „heiß“. Kurze Zeit später liest ein Röntgenstrahl in einer Momentaufnahme aus, wie sich die „heißen Elektronen“ im Material ausbreiten.
Das Ergebnis: In weniger als einer Pikosekunde regen die heißen Elektronen das Metallgitter an; fast gleichzeitig beginnt die Grenzfläche zwischen den Materialien zu schwingen. Eine weitere Pikosekunde später reagiert überraschenderweise auch schon der Isolator. Theoretische Simulationen bestätigten die Bedeutung von Grenzflächenschwingungen.
Nanoteilchen im Quantenregime
Wendet man die Quantenphysik, die den Mikrokosmos perfekt beschreibt, nicht auf Atome oder Lichtteilchen an, sondern auf große Objekte, so führt sie zu Vorhersagen, die unsere „klassische“ Alltagserfahrung auf den Kopf stellen. Ein und derselbe Gegenstand sollte sich dann gleichzeitig an mehreren Orten befinden können, und in seinem Verhalten auch dadurch bestimmt werden, ob man ihn beobachtet oder nicht. Die Arbeitsgruppe von Prof. Klaus Hornberger erforscht Systeme, die im Übergangsbereich zwischen diesem Quantenregime und der klassischen Physik liegen.
Ein Schwerpunkt der letzten beiden Jahre liegt in der quantenmechanischen Beschreibung von Nanoteilchen, die durch Laserlicht in der Schwebe gehalten werden und so von ihrer Umgebung weitgehend unbeeinflusst bleiben. Kürzlich wurde eine realistische Methode ausgearbeitet, ein solches Nanoteilchen in den quantenmechanischen Grundzustand seiner Schwerpunkts- und Rotationsbewegung zu versetzen, d.h. zum absoluten Nullpunkt zu kühlen. Dies kann als Ausgangspunkt für zukünftige Grundlagenexperimente und technologische Anwendungen dienen, die ebenfalls in der Arbeitsgruppe entwickelt werden.
Elektronentunneln in Quantenpunkten
Fließen in gewöhnlichen Schaltkreisen elektrische Ströme, dann ist dabei eine riesige Anzahl von Elektronen beteiligt. Werden jedoch Schaltkreise in Nanostrukturen realisiert, also sehr klein gemacht, dann ist es möglich, dass der Stromtransport von nur wenigen Elektronen getragen wird. Beim Transport durch einen Quantenpunkt hüpfen einzelne Elektronen mithilfe des Tunneleffekts nacheinander zwischen den Zuleitungen und dem Quantenpunkt hin und her. Solche Quantensprünge stellen die kleinstmögliche Einheit des Stromtransports dar und deren Messung liefert die maximal mögliche Information, die aus dem System herausgeholt werden kann.
In der Arbeitsgruppe von Prof. Jürgen König werden theoretische Werkzeuge entwickelt, mit deren Hilfe das Elektronentunneln in Quantenpunkten statistisch so analysiert wird, dass wichtige Informationen über das zugrundeliegende System gewonnen werden können. Ein besonderes Highlight war die Anwendung dieser Theorie auf in der AG Lorke durchgeführte Experimente, in denen das Elektronentunneln in Quantenpunkten mit hoher Präzision zeitaufgelöst gemessen wurde. Damit gelang es u.a., die Spinrelaxationszeit eines Elektrons im Quantenpunkt zu bestimmen.