Bauwissenschaften

Die Abteilung „Bauwissenschaften“ (BW) beschäftigt sich neben den klassischen Aufgaben mit virtuellen und eisigen Welten. Durch nationale und internationale Projekte konnten zahlreiche Kooperationen gebildet und weiter gefestigt werden. Von der Festigkeit kleiner Stahlschrauben bis zur Struktur des antarktischen Eises bietet das Forschungsportfolio ein großes Spektrum von der direkten Anwendung bis zu den theoretischen Grundlagen molekularer Strukturen.

Höhepunkte der Forschung

Das FG Mechanik koordiniert auch die zweite Förderperiode des DFG Schwerpunktprogramms (SPP) 1748 „Zuverlässige Simulationstechniken in der Festkörpermechanik – Entwicklung nicht konventioneller Diskretisierungsverfahren, mechanische und mathematische Analyse“. Darin ist das FG auch mit zwei Projekten vertreten. Darüber hinaus ist das FG in zwei weiteren SPP vertreten. Im SPP 2013 „Gezielte Nutzung umformtechnisch induzierter Eigenspannungen in metallischen Bauteilen“ forscht das FG zur numerischen Abbildung von Eigenspannungen bei der Warmmassivumformung. Die computergestützte Modellierung der Schädigungsentwicklung in faserverstärkten Hochleistungsbetonen treibt das FG im Rahmen des SPP 2020 „Zyklische Schädigungsprozesse in Hochleistungsbetonen im Experimental-Virtual-Lab“ voran. Das FG forscht auch in Projekten im SFB TRR 270 an Analysen magnetomechanischer Mesostrukturen von additiv hergestellten Materialien und im SPP 2256 an der Homogenisierung für die Vorhersage komplexer Phänomene mikrostrukturierter Materialien.

Im Rahmen des BMBF-Förderprogramms zur Erforschung kondensierter Materie betreibt das FG Materialwissenschaft seit vier Jahren die Festkörper-Strahllinie der ISOLDE (Isotope mass Separator On-Line) am CERN im Rahmen des Projektes ISOPAC. Hier werden Festkörper mit der nuklearen Sondenmethode PAC (Perturbed γγ-Angular Correlation) untersucht. Dafür wurde nun ein neuer Messstand für 1,2 Mio. Euro für magnetisch und elektrisch ordnende Kristalle bewilligt. Die Forschung ist hochrelevant für Datenspeichertechnologien.

Ein Schwerpunkt des FG Metall- und Leichtbau sind textile Membranen im Bau. Das FG kooperierte hier bereits DFG-gefördert mit dem FG Kontinuumsmechanik der Ruhr-Universität Bochum. Nun werden im Nachfolgevorhaben adaptive numerische Simulationsmethoden entwickelt sowie die Geschichtsabhängigkeit und das Schubsteifigkeitsverhalten von Architekturmembranen erforscht. Ebenfalls von der DFG gefördert wird am FG das mechanische Tragverhalten nachhaltiger ETFE-Folienmaterialien und -strukturen experimentell untersucht. Derzeit werden Versuche auf dem Dach der UDE am Campus Essen vorbereitet, die das langzeitige Bewitterungsverhalten von Membranmaterialien untersuchen.

Das FG Mobilitäts- und Stadtplanung bearbeitet in zwei transdisziplinären Projekten das Themenfeld Stadt und Mobilität. In dem Projekt „Spurwechsel Zollverein“ (Innogy Stiftung) wird erforscht, welche Form von Mobilität Menschen aus welchen Gründen wählen und wie eine sozialgerechte Verkehrswende im Essener Norden nachhaltig angestoßen werden kann. Die Region zwischen Duisburg, Düsseldorf, Wuppertal und dem Rhein-Kreis Neuss verbindet bereits heute zahlreiche Kompetenzen einer kommenden Wasserstoff-Mobilität. In dem Projekt Kompetenzregion Wasserstoff „Düssel.Rhein.Wupper“, der den Landeswettbewerb zur Wasserstoff-Mobilität gewonnen hat, wurde ein Entwicklungsraum für ein ganzheitliches Prognosekonzept zum Thema wasserstoffbasierte Mobilität erarbeitet.

Am FG Massivbau (IfM) bilden die Entwicklung und Optimierung von Hochleistungswerkstoffen und Tragstrukturen wesentliche Forschungsschwerpunkte. Der in Kooperation mit dem DLR entwickelte Hochleistungs-Aerogelbeton (HPAC), ein tragfähiger und gleichzeitig wärmedämmender Leichtbeton, wurde für biegebeanspruchte Bauteile optimiert, indem bewehrte HPAC-Prüfkörper auf ihre Momenten- und Querkrafttragfähigkeit getestet wurden. In einem Verbundforschungsvorhaben mit dem FG Theoretische Physik der Universität Köln wird das Erstarrungsverhalten von Beton unter Schwerelosigkeit untersucht, wozu unter anderem Experimente auf der Internationalen Raumstation (ISS) durchgeführt werden sollen.

Das FG Statik und Dynamik der Flächentragwerke entwickelt effiziente Verfahren zur Automatisierung von Diskretisierungs- und Berechnungsabläufen für strukturmechanische und multiphysikalische Fragestellungen. Diese Forschungsarbeiten sind den Forschungsschwerpunkten „Tailored Materials“ der Fakultät und „Materials Chain“ der UA Ruhr zugeordnet. Die DFG fördert Forschung in Zusammenarbeit mit dem FG Elektrische Messtechnik der Universität Paderborn, in der ein wellenbasiertes Messsystem zur Charakterisierung von stark anisotropen und viskoelastischen Polymeren erarbeitet wird. Ebenfalls DFG-gefördert ist die Entwicklung effizienter Verfahren zur automatischen Netzgenerierung und Simulation von Wellenausbreitungsvorgängen in dreidimensionalen, stark heterogenen Kontinua. Derartige Vorgänge sind bei der Auslegung sicherheitskritischer Infrastruktur und bei wellenbasierten Verfahren zur geologischen Erkundung wichtig.

Den konstruktiven Glasbau und die Bemessung für den Brandfall behandelt das FG Baustatik und Baukonstruktion. Für den Glasbau werden Erweiterungen der DIN 18008 zum Nachweis der Tragfähigkeit und der Gebrauchstauglichkeit für punktförmig gelagerte Verglasungen untersucht. Mit steigenden Brandschutzanforderungen wächst auch das Forschungsinteresse in diesem Bereich. Bauteile, die Brandschutzanforderungen unterliegen, müssen experimentell geprüft werden. Es werden genauere Brandmodelle entwickelt, die den Einfluss von z.B. Sprinkleranlagen erfassen. Dadurch können vor allem filigrane Hallenkonstruktionen aus Stahl wirtschaftlicher bemessen werden.

Transfer und Nachhaltigkeit

Die Abteilung BW transferiert ihr Wissen u.a. in Kooperationen mit örtlichen Behörden und gemeinnützigen Einrichtungen. Beim FG Siedlungswasser- und Abfallwirtschaft wurde ein Kooperationsprojekt mit der Emschergenossenschaft gestartet. Hier werden aus bereits gesammelten Daten Konzepte für künstliche Intelligenz und Machine Learning erarbeitet. Kläranlagen sollen automatisch Gesetzmäßigkeiten erkennen und daraus Problemlösungen und Vorhersagen zum Energiemanagement entwickeln. Für das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) betreut das FG Mobilitäts- und Stadtplanung den Forschungsinformationsserver im Themenschwerpunkt integrierte Mobilitätsversorgung in Stadt und Fläche. Seit Mai 2019 ist das FG Metall- und Leichtbau vom Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt) auch bauaufsichtlich anerkannt als Überwachungsstelle, so dass es jetzt Prüf-, Überwachungs- und Zertifizierungsstelle (PÜZ-Stelle), Kennziffer NRW71, nach Landesbauordnung LBO ist.

Preise und Auszeichnungen

Dr.-Ing. Carina Nisters wurde in die Global Young Faculty aufgenommen.

Dr. Sarah Zydorczyk wurde für die beste Dissertation der Ingenieurwissenschaften 2019 geehrt.

Sonja Uebing wurde von der German Association for Computational Mechanics 2019 mit dem Best Poster Award – Second Prize ausgezeichnet.

Christoph Abraham erhielt 2019 den „Heitkamp Ingenieur- und Kraftwerksbau“-Preis für seine Masterarbeit.

Lukas Makevicius erhielt 2019 den Publikums-Preis der International Association for Bridge and Structural Engineering (IABSE) für seinen Vortrag auf dem 6. Young Engineers Colloquium.

Der Artikel „Sprödbruchverhalten hochfester Schrauben großer Abmessungen bei tiefen Temperaturen“ von Prof. Natalie Stranghöner und Koautoren in der Fachzeitschrift STAHLBAU gehört zu den 10 % der am häufigsten heruntergeladenen Veröffentlichungen im Zeitraum 2018 und 2019.

Kooperationen und Internationales

Eines der Highlights internationaler Kooperation und Forschung ist sicher die Teilnahme von Prof. Jörg Schröder, Dr.-Ing. Carina Nisters, Tommy Mielke und Felix Paul (FG Mechanik und FG Materialwissenschaften) an einer Expedition in die Antarktis auf dem südafrikanischen Forschungsschiff Agulhas II. Die Expedition war der Auftakt für die Beantragung von Forschungsprojekten, die im Rahmen einer Kooperation mit der University of Cape Town entstehen. Ziel ist es hier, die mechanischen Eigenschaften des Eises mehrskalig mit den Methoden der Bauingenieur*innen zu untersuchen und zu beschreiben.

Als Gastprofessor war Prof. Jörg Schröder 2019 an der Universität von Kalifornien, Berkeley, tätig. Prof. Carolin Birk kooperiert im Forschungsprojekt „Computational modelling of multiphysics structural damage“ mit Prof. Ean Tat Ooi an der Federation University in Ballarat, Australien. Das FG Mechanik war maßgeblich beteiligt an der Ausrichtung der internationalen Konferenz „European Congress on Computational Methods in Applied Sciences and Enginee-ring (ECCOMAS) – Modern Finite Element Technologies 2019“.

Perspektiven

Prof. Dirk Wittowsky hat das FG Mobilitäts- und Stadtplanung übernommen. Ein zukünftiger Schwerpunkt wird die Mobilität im urbanen Raum sein.

Ein Antrag über rund 7,3 Mio. Euro für einen neuen massiv parallelen Hochleistungsrechner mit schneller Vernetzung wurde unter der Leitung von Prof. Jörg Schröder in Zusammenarbeit mit den Fakultäten Biologie, Chemie, Ingenieurwissenschaften und Physik im Förderprogramm „Forschungsgroßgeräte“ nach Art. 91b GG bei der DFG und dem Land NRW eingereicht.

Wie bereits bei „Internationales“ erwähnt, soll mit der University of Cape Town ein neues zukunftsweisendes Forschungsfeld im Bereich der Meereisforschung im südlichen (antarktischen) Ozean aufgebaut und koordiniert werden. Insbesondere wird nun die Einwerbung eines internationalen Graduiertenkollegs vorangetrieben.

Das FG Siedlungswasser- und Abfallwirtschaft (Prof. Renatus Widmann) koordiniert die Projektleitung und organisiert die Umsetzung und die fortlaufende Optimierung der Nutzungsmöglichkeiten für den Neubau des FutureWaterCampus. Für das Projekt gibt bereits es eine Förderempfehlung sowie eine Empfehlung für den vorzeitigen Maßnahmenbeginn. Das interdisziplinäre Projekt wird insgesamt vom Zentrum für Wasser und Umwelt (ZWU) koordiniert.