Intro

Dekan: Prof. Dr. Dirk Hartmann

Um das ganze Spektrum ihrer Arbeit im UDE-Forschungsbericht darstellen zu können, nimmt die Fakultät für Geisteswissenschaften seit 2014 Vorhaben je zu einem ihrer Schwerpunkte in den Blick. Im vorliegenden Bericht werden Projekte aus dem Bereich „Kulturwissenschaftliche Fragestellungen“ beleuchtet. Die Vielfalt der Interessen und Verständigungsversuche, in denen die Geisteswissenschaften Kultur(en) begreifen, spiegelt sich – bei aller Schwerpunktbildung – auch weiterhin in ihrer individualisierten Forschungspraxis. Geisteswissenschaftliche Forschung heißt Forschung zur gesamten Bandbreite historischer, gegenwärtiger und auf die Zukunft ausgerichteter kultureller Praktiken, Phänomene und Artefakte – von der Erarbeitung theoretischer Grundlagen bis zur intensiven Beschäftigung mit einem eng fokussierten Thema.

 

Prof. Rolf Parr (Germanistik/Literaturwissenschaft) adressiert gemeinsam mit Prof. Peer Trilcke (Universität Potsdam), Dr. Gabriele Radecke (Literaturarchiv der Künste, Berlin) und PD Dr. Julia Bertschik (FU Berlin) eine Lücke in der Fontane-Forschung: Für Fontanes facettenreiches Œuvre liegt derzeit keine umfassend angelegte Publikation vor, die den Stand der Forschung in seiner ganzen Breite vorstellt und auch die Texte aus dem Nachlass reflektiert. In dem geplanten Handbuch werden alle literarischen Werke und Schriften sowie die wichtigsten Korrespondenzen in Artikelgruppen behandelt, die die kulturellen Kontexte und die Lebenswelten und sozialen Beziehungen, in denen sich Fontane bewegte, berücksichtigen und darstellen. Sein Werk und Wirken werden im Spektrum der kultur-, mentalitäts- und ideen- sowie wissensgeschichtlichen Rahmenbedingungen des 19. Jahrhunderts situiert und in ihren kulturellen Traditionslinien verortet. Damit begegnet das Publikationsprojekt „Theodor Fontane. Ein Handbuch“ bekannten Problemen autor*innenzentrierter Handbücher durch eine kulturwissenschaftliche Öffnung. (Förderung: Fritz-Thyssen-Stiftung, 2018–2022)

Ebenfalls von der Fritz-Thyssen-Stiftung gefördert wird das Projekt „Forschungen zu Gilles Ménage, erster großer französischer Etymologe im Zeitalter des einsetzenden Rationalismus“ (Prof. Dietmar Osthus, Romanistik/Sprachwissenschaft). Das Vorhaben strebt eine umfassende Untersuchung zu den metasprachlichen Konzepten, den Methoden sowie den inhaltlichen Bezugspunkten dieses Pioniers der etymologischen Erforschung des Französischen an. Die romanische Philologie wies die vor dem Beginn der historisch-vergleichenden Sprachwissenschaft liegenden Ansätze lange Zeit als ‚vorwissenschaftlich‘, vulgo unwissenschaftlich, zurück. Das allerdings ist eine deutliche Verzerrung im Verständnis der historischen Sprachreflexion. Das Projekt widmet sich damit einer zentralen Fragestellung zur Geschichte etymologischer Forschungen (nicht nur) im französischen Sprachraum.