Institut für Soziologie (IfS)
Das Forschungsprofil des Instituts für Soziologie ist durch einen Schwerpunkt auf grundlagenorientierter empirischer Sozialforschung gekennzeichnet. Die Forschungsschwerpunkte des Instituts sind darauf ausgerichtet, Forschungsfragen, die die Grundlagen unterschiedlicher Teildisziplinen der Soziologie betreffen – von der Arbeitssoziologie über die Familiensoziologie, die Migrationssoziologie, den Gesellschaftsvergleich, die Sozialstrukturanalyse und die Transnationalisierungsforschung bis hin zur Methodenentwicklung – zu bearbeiten.
Prof. Anne Busch-Heizmann erforscht den Zusammenhang von Betriebsstrukturen zur Herstellung von Chancengleichheit – wie z.B. betriebliche Maßnahmen zur Geschlechtergleichstellung und zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf – mit geschlechtsspezifischen sozialen Ungleichheiten. In ihrem DFG-Projekt „Die ambivalente Bedeutung betrieblicher Strukturen für die Erklärung sozialer Ungleichheiten zwischen Frauen und Männern“ liegt das Ziel insbesondere darin, mögliche Ambivalenzen in den Auswirkungen solcher Betriebsstrukturen aufzudecken. Ihr von der Hans-Böckler-Stiftung gefördertes Projekt „Digitalisierung und Entgrenzung von Berufs- und Privatleben“ untersucht die Effekte von Informationstechnologien auf die zeitliche und räumliche Flexibilisierung von Arbeit.
Im Bereich der Familiensoziologie untersucht Prof. Anja Steinbach in ihrem DFG-Projekt „Die Bedeutung des Wechselmodells für das kindliche Wohlbefinden nach elterlicher Trennung oder Scheidung“ Familien, die nach einer Trennung oder Scheidung ein Betreuungsmodell praktizieren, bei dem die Eltern zu etwa gleichen Teilen für ihre Kinder sorgen (Wechselmodell). Dabei stehen die Auswirkungen eines solchen Betreuungsmodells auf das kindliche Wohlbefinden im Mittelpunkt der Forschung. Mit den Daten, die nach Projektende der Scientific Community als Public Use File zur Verfügung stehen, wird es möglich sein, ein differenziertes Bild zur Bedeutung des Wechselmodells für das kindliche Wohlbefinden nach elterlicher Trennung oder Scheidung in Deutschland zu zeichnen. Auf dieser Basis werden Maßstäbe entwickelt, um den Gerichten bei der Entscheidung über die Anordnung eines Wechselmodells Hilfe zu leisten.
Im Bereich der Arbeits- und Techniksoziologie erforscht Prof. Frank Kleemann im Projekt „Industrie 4.0 und die Arbeitsdispositionen der Beschäftigten“ (gefördert vom Forschungsinstitut für gesellschaftliche Weiterentwicklung, FGW) die aktive Rolle der Beschäftigten im aktuellen Prozess der Digitalisierung der industriellen Produktion und entwickelt dazu das Analysekonzept „Arbeitspositionen“. Im DFG-Projekt „Crowdsupporting als Gabentausch. Zur Verbindung von Konsum, Engagement und Gemeinschaft im Crowdfunding“ analysiert er die über Internet-Plattformen eingeworbene Finanzierung von Projekten verschiedenster Art durch kleine Geldbeträge vieler Unterstützer*innen, die dafür eine nicht-geldliche Belohnung erhalten. In einer gabentauschtheoretischen Perspektive stehen die vergemeinschaftenden Effekte der eigentümlichen Verbindung von Markttausch und Spende im Mittelpunkt.
Zu Fragen von Migration und Integration forscht Prof. Marcel Erlinghagen. In Fortführung einer von der Stiftung Mercator geförderten Studie zu den Ursachen, Bedingungen und Folgen der Auswanderung aus und Rückwanderung nach Deutschland untersucht er in der DFG-geförderten „German Emigration and Remigration Panel Study (GERPS)“ in Kooperation mit dem Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) die Konsequenzen internationaler Migration auf den Lebensverlauf und generiert erstmals eine empirische Basis zur längsschnittlichen Untersuchung internationaler Migration. Darüber hinaus führt Prof. Marcel Erlinghagen gemeinsam mit Dr. Christiane Lübke das Projekt „Soziale Partizipation von jugendlichen Migranten und deren Arbeitsmarktintegration im späteren Lebensverlauf“ (gefördert vom damaligen MIWF NRW), das den Zusammenhang zwischen sportlichen, musischen und anderen sozialen Aktivitäten von Zuwanderern im Jugendalter und deren spätere Arbeitsmarktintegration mittels einer Längsschnittstudie analysiert.
Prof. Tao Liu beschäftigt sich im Rahmen des DFG-Sonderforschungsbereichs 1342 an der Universität Bremen im Teilprojekt „Entwicklungsdynamiken chinesischer Sozialpolitik: Das Zusammenspiel nationaler und internationaler Einflüsse“ zudem mit einer zentralen Frage der chinesischen Sozialpolitik: Wie haben interne und externe Einflüsse die chinesische Sozialpolitik beeinflusst und gestaltet, und über welche Wirkungsmechanismen ist das geschehen? Der Untersuchungszeitraum umfasst die Jahre von 1990 bis 2020.
Im Bereich der Transnationalisierungsforschung untersuchen Prof. Tao Liu und Prof. Anja Weiß eine Schlüsselfrage der soziologischen Grundlagenforschung zur Globalisierung. Das DFG-Projekt „Mobiles Wissen: Die Globalisierung von medizinischem professionellem Wissen und professioneller Praxis“ entwickelt eine empirisch fundierte Theorie dazu, wie Wissen und Praxis der medizinischen Profession nationale Grenzen überschreiten. Dadurch, dass die Vergleiche in transnationale und nationale Kontexte eingebettet werden, kann das Projekt nachvollziehen, wie professionelles Wissen partikular bzw. an spezifische Orte gebunden bleibt.
Prozesse der Transnationalisierung sind ebenfalls ein Schwerpunkt der Forschungen von Prof. Sigrid Quack. Gemeinsam mit der Universität Innsbruck beforscht Prof. Sigrid Quack im Rahmen des Projekts „Organisieren von Kreativität unter regulatorischer Unsicherheit: Herausforderungen von Immaterialgüterrechten“, das Teil der DFG-Forschungsgruppe 2161 „Organized Creativity“ ist, wie organisationale Akteure im Informations- und Kulturbereich die mit dem Immaterialgüterrecht verbundene Unsicherheit wahrnehmen, damit in kreativen Prozessen und organisatorischen Feldern umgehen und welche Folgen dies für Kreativität hat.
Mehrere DFG-Forschungsprojekte entwickelten und erforschten Methoden der empirischen Sozialforschung. Die Arbeiten von Prof. Rainer Schnell konzentrieren sich auf die Entwicklung neuer technischer Methoden zur datenschutzgerechten Zusammenführung administrativer Datenbanken, auf Mikrosimulationsmodelle und auf die Methoden der Durchführung großer Bevölkerungsbefragungen. Im Bereich der Survey-Methodologie führt Prof. Rainer Schnell ein DFG-Projekt „Bias in Websurveys der allgemeinen Bevölkerung am Beispiel des Gesundheitszustands“ zum Nachweis der Unterschiede zwischen Erhebungsinstituten bei Internet-Erhebungen durch.
Prof. Petra Stein modelliert im DFG-Projekt „Die longitudinale Modellierung der zukünftigen Entwicklung der beruflichen Platzierung in der dritten Migrantengeneration mithilfe der dynamischen Mikrosimulation“ die zukünftige Integration von Migrant*innen in den Arbeitsmarkt in einem Zeitraum von 30 Jahren, um daraus Aussagen über die Entwicklung migrationsbezogener Ungleichheit abzuleiten. Im Projekt „Einfluss nicht-verkehrlicher Variablen auf die Verkehrsmittelwahl“, das die Schweizerische Vereinigung der Verkehrsingenieure und Verkehrsexperten fördert, untersucht Prof. Petra Stein in Kooperation mit der ETH Zürich, welchen Einfluss nicht direkt messbare Variablen (wie Lebensstil, Gewohnheiten, emotionale Faktoren, soziale Netze und Kontexte) bei der Wahl des Verkehrsmittels und des Wohnstandortes haben.
Prof. Rainer Schnell und Prof. Petra Stein sind außerdem an der DFG-Forschungsgruppe 2559 „Sektorenübergreifendes kleinräumiges Mikrosimulationsmodell (MikroSim)“, die 2018 ihre Arbeit aufgenommen hat, mit vieren der sechs Teilprojekte beteiligt. In dem zusammen mit der Universität Trier und dem statistischen Bundesamt durchgeführten Verbund wird weltweit erstmalig versucht, ein Mikrosimulationsmodell für ein gesamtes Land bis auf die Ebene von Stadtteilen und über mehrere inhaltliche Bereiche hinweg zu erstellen. Das Projekt soll zum Beispiel kleinräumige Lehrer*innenbedarfsprognosen ermöglichen. Aktuell bestehen drei internationale Kooperationsbeziehungen mit der holländischen Zensusbehörde (CBS), der Curtin University (Perth, Australien) und der Research School of Computer Science an der Australian National University (Canberra).