Institut für Energie- und Umwelttechnik e. V. (IUTA)
Forschung
Da der Bereich der Energie- und Umwelttechnik fachlich sehr breit ist und eine Vielzahl von Forschungseinrichtungen in diesem Feld existieren, hat sich das IUTA konsequent auf die fünf Leitthemen „Aerosole & Feinstaub“, „Nachhaltige Nanotechnologie“, „Funktionale Oberflächen“, „Zukünftige Energieversorgung“ und „Hochtoxische Substanzen“ ausgerichtet. Die Auswahl der Leitthemen ist das Ergebnis einer Analyse der Marktpotentiale und der systematisch aufgebauten technologischen Kompetenzen im Institut. Zu diesen Kompetenzen zählen vor allem die Expertise in den Bereichen Partikeltechnik und Filtration, Adsorption und Absorption sowie Messtechnik und chemische Analytik. In den folgenden Abschnitten werden die thematischen Schwerpunkte und einige Highlights der Jahre 2014 und 2015 dargestellt.
Aerosole & Feinstaub
Im Bereich „Aerosole und Feinstaub“ befassen sich die IUTA-Mitarbeiter*innen mit gasgetragenen Partikeln und Tropfen im Mikrometer-Maßstab. Die Arbeiten reichen von der Entwicklung von Messgeräten über (auch großflächige) Messkampagnen (zum Beispiel an Autobahnen oder Kraftwerken) über CFD-Simulationen und Ausbreitungsrechnungen bis zur Ausarbeitung von konkreten Minderungsmaßnahmen (zum Beispiel Filtern).
In den letzten Jahren hat die Frage nach den gesundheitsschädlichen Wirkungen von feinen Partikeln an Bedeutung gewonnen. Es zeigt sich, dass nicht nur die Anzahl und Größe eine wichtige Rolle spielen, sondern zunehmend auch die chemische Zusammensetzung der Partikel. Besonders kritisch werden Partikel gesehen, die aufgrund ihrer geringen Größe durch die „Filtersysteme“ der Atemwege bis in die Lunge gelangen und dort aufgrund ihrer chemischen Reaktivität Entzündungsreaktionen auslösen. Dies gilt insbesondere für Komponenten, die in der Lungenflüssigkeit reaktive Sauerstoff-Spezies (ROS) erzeugen. Forscher am IUTA haben daher ein Messsystem entwickelt und in umfangreichen Studien getestet, mit dem die ROS-Aktivität von luftgetragenen Partikeln bestimmt und die Unterschiede in dem Gefährdungspotential zwischen ländlichen und stark verkehrsbelasteten Regionen aufgezeigt werden konnten.
Nachhaltige Nanotechnologie
Die „Nachhaltige Nanotechnologie“ wird unter zwei Aspekten vorangetrieben. Zum einen verfügt das IUTA über weltweit einmalige Pilot-Anlagen zur Herstellung von Nanopartikeln im kg/h-Maßstab nach dem Flammen-, Heißwand- und Mikrowellen-Plasma-Verfahren. Hier werden in enger Zusammenarbeit mit dem entsprechenden Forschungsschwerpunkt der Universität Duisburg-Essen (CENIDE) neuartige Nanopartikel für technische Anwendungen hergestellt und die Herstellungsverfahren optimiert. Zum anderen befasst sich eine Arbeitsgruppe mit den Risiken und Umweltauswirkungen von Nanopartikeln. Mitarbeiter*innen des IUTA erforschen zum Beispiel die Ausbreitung von aus Produkten oder Prozessen freigesetzten Nanopartikeln in Luft, Wasser und Boden und leiten große interdisziplinäre Konsortien auf Bundes- und EU-Ebene. Zudem werden Fragestellungen aus dem Bereich des Arbeitsschutzes (unter anderem an oben genannten Pilotanlagen) bearbeitet.
Ob und wie Nanomaterialien die Gesundheit beeinträchtigen, hängt nicht nur von deren Größe, sondern auch von der Gestaltung ihrer Oberfläche ab. Dies ist eine wichtige Erkenntnis des Verbundprojektes „Nanostrukturierte Materialien – Gesundheit, Exposition und Materialeigenschaften“ (nanoGEM). Die Ergebnisse zeigen, dass „Nano“ nicht automatisch auch toxisch bedeutet. Neben der Größe sind noch viele weitere Faktoren dafür verantwortlich, ob ein Material gesundheitsschädigende Wirkungen hat oder nicht. Das vom IUTA geleitete Projekt lieferte wichtige Erkenntnisse zur Identifizierung von relevanten Eigenschaften. Ein weiterer zentraler Punkt der Forschungen zur Sicherheit von Nanomaterialien ist, ob die in Nanokompositmaterialien enthaltenden Nanopartikel überhaupt freigesetzt werden. Nur freigesetzte Nanopartikel können vom Menschen aufgenommen werden. Im Projekt wurden deshalb zum Beispiel Schleif- und Verwitterungsuntersuchungen von nanopartikelhaltigen Kunststoffen durchgeführt. Dabei zeigte sich, dass die ursprünglich eingebrachten Nanopartikel fast ausschließlich eingebunden im Kunststoff freigesetzt werden, so dass sich in separaten toxikologischen Untersuchungen keine spezifische Toxizität nachweisen ließ.
Diese und weitere Ergebnisse, die unter anderem in einem Buch und vielen referierten Publikationen veröffentlicht wurden, wurden durch einen Forschungsverbund von 19 Partnern aus Universitäten und Forschungsinstituten, Behörden sowie der Industrie ermöglicht.
Funktionale Oberflächen
Unter dem Leitthema „Funktionale Oberflächen“ sind die Arbeiten zur Filtration, Adsorption und Photokatalyse zusammengefasst. Hier fokussiert sich das IUTA auf die technische Anwendung dieser Verfahren und betreibt eine Vielzahl von Versuchsanlagen und Prüfständen, die in dieser Zusammensetzung und Vielfalt zumindest europaweit ein Alleinstellungsmerkmal darstellen. Das IUTA stellt das zentrale Bindeglied zwischen der Materialherstellung und dem Anwender dar. Dementsprechend arbeitet das IUTA auf der einen Seite mit Materialwissenschaftlern und Herstellern von zum Beispiel Filtergeweben und auf der anderen Seite mit Nutzern wie zum Beispiel Herstellern von Autos, Staubsaugern oder Innenraumlüftern zusammen. Sowohl im wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (aktuell Kooperationen mit über 35 Unternehmen) als auch im wissenschaftlichen Bereich ist dieses Arbeitsgebiet seit Jahren wachsend.
Zukünftige Energieversorgung
Im Gebiet „Zukünftige Energieversorgung“ hat sich das IUTA in den letzten Jahren auf die Aufbereitung (das heißt Entfernung von Stör-/Schadstoffen) und Speicherung von Gasen, die in energietechnischen Anwendungen entstehen oder eingesetzt werden, konzentriert. Beispiele sind Kohlendioxid, Wasserstoff, Methan, Biogase oder Rauchgase aus Verbrennungsanlagen, die durch Filtration, Absorption, Adsorption oder chemische Verfahren aufbereitet oder abgetrennt werden.
Das IUTA verfügt unter anderem über eine Anlage im Technikumsmaßstab, die die simultane Untersuchung von Absorptions- und Desorptionsprozessen mit Rohgasströmen bis 2500 kg/h bei Drücken bis maximal 25 bar erlaubt. Die Absorptions- und Desorptionskolonnen besitzen eine Gesamthöhe von 4,70 bzw. 5,76 m bei einem Innendurchmesser von 0,31 m.
Mit dieser Anlage besitzt das IUTA eine einzigartige Möglichkeit, wissenschaftlich-technische Versuche zur Absorption im industrierelevanten Maßstab durchzuführen. Diese Möglichkeit hat ein großer deutscher Chemiekonzern in den letzten Jahren intensiv genutzt und in mehreren großen Projekten neue Waschmittel (Fachbegriff: Absorbentien) für die Aufreinigung von Gasen getestet. Diese Zusammenarbeit wird auch zukünftig fortgeführt, um weitere neu entwickelte Absorbentien in der IUTA-Anlage unter praxisnahen Randbedingungen zu erproben.
Hochtoxische Substanzen
Ein wichtiges Alleinstellungsmerkmal des IUTA ist der Umgang mit „Hochtoxischen Substanzen“. Dies umfasst die gesamte Palette der organischen und anorganischen Giftstoffe, die in umwelttechnischen Fragestellungen eine Rolle spielen. Aktuelle Beispiele sind Quecksilber, Schwefelwasserstoff, Zytostatika oder Schimmelpilzgifte. Das IUTA beschränkt sich hier nicht nur auf die Betrachtung von Produktionsverfahren, sondern befasst sich auch mit den Produkten und deren Lebenszyklus; so werden zum Beispiel die Kontamination von Pharma-Verpackungen oder das umweltgerechte Recycling von Elektrogeräten, die in erheblichem Maße Giftstoffe enthalten, untersucht. Die Bandbreite der Arbeiten reicht von der Entwicklung von Messgeräten und Messverfahren über Monitoring-Studien bis zur Auslegung von Sicherheitseinrichtungen, abscheidenden oder zerstörenden Verfahren und Anlagen.
Die analytischen Anforderungen für eine sichere Bestimmung von Umweltkontaminationen nehmen ständig zu. Vor diesem Hintergrund werden immer leistungsfähigere Analysentechniken auf Basis der Flüssigkeitschromatografie benötigt, die mit unterschiedlichen Detektionsverfahren gekoppelt werden können. Eine Kooperation mit der Axel Semrau GmbH befasste sich mit der Entwicklung eines zweidimensionalen Trennverfahrens auf Basis der Kopplung von Flüssigkeitschromatografie und Gaschromatografie mit der Massenspektrometrie (sog. LC-GC-Kopplung). Beide Partner haben die jeweilige spezifische Kompetenz in das Projekt einfließen lassen, so dass mit Abschluss des Projektes ein erster funktionsfähiger Prototyp präsentiert werden konnte. Die Ergebnisse des Projektes sowie der Prototyp der LC-GC-Kopplung wurden während des 22. Innovationstags Mittelstand des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) präsentiert. Besonderes Interesse fanden die Anwendungen für die Bestimmung von Sterinen in Ölen, Mineralölkontaminationen in Lebensmitteln und Verpackungen sowie aromatische Kohlenwasserstoffe (MOAH) in Kosmetik. Die neu entwickelte Technik hat sich bereits in vielen Lebensmittelkontrolllaboren bewährt; aktuell laufen auf deutscher und europäischer Ebene Normierungsverfahren, um diese Technik auch in den entsprechenden Regelwerken zu verankern.
Ein weiteres sehr erfolgreiches Projekt war die Entwicklung eines Textils, das in der Lage ist, Wertstoffe aus industriellen Abwässern zu filtern. Die gemeinsame Arbeit eines Teams von Forschern aus dem Deutschen Textilforschungszentrum Nord-West (DTNW) in Krefeld und des IUTA wurde 2014 mit dem Rohstoffeffizienz-Preis des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) und der Deutschen Rohstoffagentur ausgezeichnet. Das Forscherteam fixierte Polyelektrolyte an verschiedenen Textilien, um aus Abfall-Lösungen aus metallverarbeitenden Betrieben Wertmetalle wie Gold, Silber, Platin und Palladium zu binden. Dabei gelang es zum Beispiel, aus mehreren Hundert Litern Abwässern der Leiterplattenindustrie pro Kilogramm Textil 20 Gramm Palladium zurückzugewinnen. Die Ergebnisse des Forschungsvorhabens lassen weitere Anwendungsmöglichkeiten des innovativen Adsorbertextils erkennen. Insbesondere kleinen und mittleren Unternehmen der deutschen Textilindustrie ist es möglich, mit geringem Aufwand ein textiles Spezialprodukt herzustellen und entsprechend zu vermarkten. Für mittelständische Unternehmen der metallverarbeitenden Industrie besteht ein Anreiz, mit Hilfe des Textilmaterials auch aus niedrigkonzentrierten Reststofflösungen hochwertige Metalle zurückzugewinnen, gegebenenfalls sogar dort, wo sich eine Aufbereitung bisher mit konventionellen Methoden nicht lohnte oder unmöglich war.