Essener Kolleg für Geschlechterforschung

Forschung

Die Zusammenarbeit von 45 Mitgliedern aus sieben verschiedenen Fakultäten, darunter die medizinische Fakultät, prägt die Arbeit in der fachübergreifenden Forschung des Kollegs. Das EKfG bündelt die Forschungsexpertise seiner Mitglieder aktuell in vier interdisziplinären Themenclustern zu zentralen gesellschaftlichen Fragen. Sie bieten als integrative Oberthemen, unter denen sich Forschungs-, Promotions- und Habilitationsvorhaben verorten lassen, zugleich universitätsweit Anknüpfungspunkte für gemeinsame Forschung. Das breite, interdisziplinäre und institutionelle Spektrum der Untersuchungen macht gleichzeitig deutlich, dass Geschlecht nicht als eine alle wesentlichen Gesichtspunkte umfassende Kategorie zu verstehen, sondern intersektionell mit weiteren Merkmalen, die Menschen voneinander unterscheiden, verwoben ist, wie beispielsweise sozio-ökonomische Situation, ethnische Herkunft, Bildungshintergrund, Klassen- oder Schichtzugehörigkeit oder Alter. 

Geschlechtergerechte Gesundheitsversorgung | Geschlechtergerechtes Gesundheitswesen 

In diesem Forschungscluster (verantwortlich PD Dr. Andrea Kindler-Röhrborn und Prof. Sigrid Elsenbruch) verorten sich sowohl Projekte zur experimentellen Tumorforschung, zur medizinischen Psychologie und Verhaltensimmunbiologie (Schmerz, Stress, Krankheitsverarbeitung) und zur Molekulargenetik (Adipositas und Essstörungen) als auch Forschung zur beruflichen Selbstständigkeit von Frauen in der Pflegebranche, zu haushaltsnahen Dienstleistungen und Pflegemigration sowie soziologische Untersuchungen zur Situation von Frauen in der Medizin. 

In den Jahren 2014 und 2015 besonders hervorzuheben sind die Verlängerungen der DFG-Forschergruppen FOR 1328 „Erwartungen und Konditionierung als Basisprozesse der Placebo- und Nocebo-Reaktion: Von der Neurobiologie zur klinischen Anwendung“ (bis 2015) und FOR 1581 „Extinction Learning: Behavioural, Neural and Clinical Mechanisms“ (bis 2016) sowie der BMBF-Verbund „Geschlechtersensible Forschung in Epidemiologie, Neurowissenschaften und Genetik Tumorforschung“ (2011–2014). Als Ergebnis einer erfolgreichen Kooperation mit dem Science Support Centre (SSC) ist ferner die qualitativ neue Dimension der Beantragung eines Innovative Training Network (ITN) „TriHealth – Tailored research concepts for health care in men and women“ im Rahmen europäischer Forschungsförderung mit einem Gesamtumfang von 3,5 Mio. EUR zu nennen. Das multidisziplinäre Konsortium setzt den Schwerpunkt auf nicht-übertragbare Krankheiten wie zum Beispiel Krebs, Demenz. Das EKfG ist als Partnerorganisation ferner an dem von der Universität Bielefeld koordinierten BMBF-Forschungsverbund „Health Literacy in Childhood and Adolescence (HLCA)“ (2015–2018) beteiligt. 

2015 fand erstmals die Vortragsreihe „Geschlechteraspekte in biomedizinischer Forschung und klinischer Medizin“ im Rahmen des Dienstagsseminars der Medizinischen Fakultät statt mit dem Ziel, insbesondere Mediziner*innen in Forschung und Klinik sowie den wissenschaftlichen Nachwuchs am Universitätsklinikum Essen, aber auch ein interessiertes öffentliches Publikum zu erreichen. Gemeinsam konnte ferner eine dreijährige Unterstützung für die um eine Genderteildenomination ergänzten Professuren von Prof. Sigrid Elsenbruch-Harnish (Experimentelle Psychobiologie unter Berücksichtigung von geschlechtsspezifischen Aspekten) und Prof. Anke Hinney (Molekulargenetik von Adipositas und Essstörungen unter Berücksichtigung von geschlechtsspezifischen Aspekten) im Rahmen des NRW Landesprogramms für geschlechtergerechte Hochschulen eingeworben werden. Intensive Vernetzungsaktivitäten, die Vortragsreihe „Gender „Gesundheit – Care – Geschlecht“ (2014/2015), Nachwuchsworkshops sowie eine Veröffentlichung aus dem interdisziplinären Clusterzusammenhang flankierten die Forschungsaktivitäten. 

Karrierewege | Karrierewelten 

Karrieren sind Wege im Leben, die in Abhängigkeit von der jeweiligen Lebenswelt möglich sind oder unmöglich erscheinen. Lebenswelten sind einerseits durch die Bedingungen von Arbeit, Erwerb, Beruf und entsprechenden Bildungs-, Ausbildungs-, Studien- und Fachkulturen geprägt, andererseits von Fähigkeitsvorstellungen verbunden mit Arbeitsteilungszuweisungen und -zuschreibungen nach dem Geschlecht. Die interdisziplinäre Ausrichtung des Clusters (verantwortlich Prof. Amalie Fößel und Prof. Anne Schlüter) beleuchtet die Fragestellung aus historischer und gegenwärtiger kultureller und interkultureller Perspektive. 

Im Berichtszeitraum besonders hervorzuheben sind die Beteiligung von EKfG-Mitgliedern am DFG-Graduiertenkolleg 1919 „Vorsorge, Voraussicht und Vorhersage: Kontingenzbewältigung durch Zukunftshandeln“ (2013–2018), das Habilitationsprojekt „Kreuzfahrerfrauen als Regentinnen auf Zeit im hohen Mittelalter“ sowie die Untersuchungen im Rahmen der MIWF NRW-Projekte „Gender Report 2014, Thema: Wissenschaftskarrieren an nordrhein-westfälischen Hochschulen“ (2011–2014) und „Gender-Report 2017, Thema: Berufliche Orientierung von Ärztinnen und Ärzten in der fachärztlichen Weiterbildung an nordrhein-westfälischen Universitäten“ (2014–2017). Die Forschungsaktivitäten wurden von einer Veröffentlichung aus dem interdisziplinären Clusterzusammenhang begleitet.

Erwerbs- und Fürsorgearbeit 

In diesem Cluster (verantwortlich Prof. Karen Shire. Ph.D und Dr. Ute Pascher-Kirsch) verortet sich wissenschaftliche Forschung, die sich mit den Rahmenbedingungen und den Auswirkung von Wirtschafts- und Sozialpolitik und deren entsprechenden gesetzlichen Vorgaben auf eine geschlechtergerechte Gestaltung der beiden großen sozio-ökonomischen Bereiche der Fürsorgearbeit und der Erwerbsarbeit beschäftigt. Dabei stehen die Berücksichtigung der wechselseitigen Abhängigkeit beider Bereiche und deren Auswirkungen auf das Verhältnis der Geschlechter im Vordergrund. Aus einer Geschlechterperspektive werden die Verschränkungen des Wandels der Erwerbssphäre, der Lebensformen und deren (sozial-)politischer Rahmenbedingungen und Regulierungen in den Mittelpunkt gestellt. 

Unter den Projekten des Forschungsclusters besonders herauszustellen ist das MERCUR-Projekt „Väter in Elternzeit. Aushandlungs- und Entscheidungsprozesse zwischen Paarbeziehung und Betrieb“ zusammen mit Vertreter*innen der UA-Ruhr Partner-Universitäten Bochum und Dortmund (2013–2015), das EU-Projekt „Study on the gender dimension of trafficking in human beings“ (2014–2015), das DFG-Projekt „Beschäftigungsbiographien von Frauen, Fertilität, Arbeitsmarktreformen und soziale Normen: Ein dynamischer Treatment Effects-Ansatz“ (2014–2017) sowie das durch die Hans-Böckler-Stiftung geförderte Projekt „Comparable Worth – Die blinden Flecken in der Ursache des Gender Pay Gaps“ (2015–2018). Mehr als die Hälfte der Forschungsanträge in diesem Cluster wurde in internationalen Förderprogrammen gestellt.

Wahrnehmung | Repräsentation | Sichtbarkeit 

Das Cluster (verantwortlich Prof. Patricia Plummer) bündelt geistes- und kulturwissenschaftliche sowie psychologische Forschungsansätze. Untersucht werden genderspezifische Wahrnehmungen, Repräsentationen und (Un-) Sichtbarkeiten in unterschiedlichen kulturellen und sozialen Kontexten, am Beispiel von Literatur, Kunst, Medien und gesellschaftlichen Praxen. Das Cluster ist interdisziplinär zusammengesetzt und verbindet historische mit gegenwartsbezogener Forschung, die häufig eine interkulturelle Perspektive beinhaltet.

Besonders zu erwähnen sind die Beteiligung von Clustermitgliedern an der Vorbereitung einer Forschungsgruppe „Ambiguität und Soziale Ordnung“, das MIWF-Projekt „Gleichstellungsbezogene Handlungsorientierungen und Handlungsweisen von ProfessorInnen vor dem Hintergrund gleichstellungspolitischer Regelungen“ (2015–2018) sowie das BMBF-Projekt „Ready for Dialogue. Fachveranstaltung zur Geschlechterdimension in Wissenschaft und Forschung“ (2015–2016). Die Forschung in diesem Cluster wurde unterstützt durch die Veranstaltung von fächerübergreifenden, teils internationalen, Forschungskolloquien.

Neue Möglichkeiten für die Zusammenarbeit des Kollegs mit der Fakultät für Ingenieurwissenschaften ergeben sich insbesondere durch die erfolgreiche Einwerbung des DFG-Graduiertenkollegs 2167 „Nutzerzentrierte Soziale Medien“ unter Beteiligung von Mitgliedern des Kollegs sowie die gemeinsam im Rahmen des NRW Landesprogramms für geschlechtergerechte Hochschulen eingeworbene Unterstützung für die um eine Genderteildenomination ergänzte Professur von Prof.  Nicole Krämer (Sozialpsychologie: Medien und Kommunikation unter Einschluss von Genderperspektiven im Umgang mit neuen Technologien). 

Zukunftsbereich „Diversityforschung“ 

Zur Vernetzung einschlägig forschender Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler trugen 2014 und 2015 vor allem die regelmäßig organisierten Ringvorlesungen, der überarbeitete Internetauftritt der Initiative und die über den Informationsverteiler verschickten Veranstaltungsankündigungen bei. Die auf der Webseite der Initiative leicht abrufbaren Kurzprofile von über 60 Wissenschaftler*innen geben in prägnanter Weise einen ersten Einblick in fachliche Interessen und dienstliche Kontaktdaten.