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Mathematik

Viele Probleme aus der Ökonomie und den Lebenswissenschaften, insbesondere die Modellierung und Überwachung von Finanzmärkten sowie die Risikobewertung in Versicherung und Finanzwesen, erfordern die statistische Analyse großer Datenmengen bei komplizierter Datenstruktur. So erfordern Untersuchungen zum ­Risikomanagement statistische Analysen und das Schätzen der Parameter von Finanzzeitreihen sowie die Nutzung von Monte-Carlo-Verfahren kombiniert mit Regressionsmethoden. Außerdem benötigen Risikomanagement und öko­nometrische Analysen aufgrund der hohen ­Dimensionalität der Datenstrukturen Ansätze zur Dimensionsreduktion. Klassische Verfahren wie PCA (Hauptkomponentenanalyse) oder ICA (Independent Component Analysis) beruhen auf sehr strikten Modellannahmen und sind daher nur bedingt anwendbar. Einen speziellen Datentyp stellen Zeitreihen dar. Häufig werden die ­interessierenden Größen nur indirekt, etwa ­vermittelt durch lineare oder nichtlineare Ab­bildungen, beobachtet. Die Daten können durch Modelle mit unbekannten Parametern erklärt werden, wobei die Bestimmung der Modell­parameter oft ein schlecht gestelltes Problem ist. Dies ist auch für viele finanzmathematische ­Probleme, zum Beispiel die Schätzung und Kalibrierung von Aktienmodellen, charakteristisch. Das Problem der Kalibrierung von stochastischen Modellen in der Finanzmathematik stellt eine besondere Herausforderung dar, weil die auf­tretenden inversen Probleme nichtlinear sind. Mit dieser Thematik beteiligt sich die Arbeitsgruppe von Prof. Denis Belomestny mit einem Teilprojekt am DFG-Sonderforschungsbereich 832 „Statistical modelling of nonlinear dynamic processes“. Dies ist ein gemeinsames Forschungsprojekt von Mathematikern und Statistikern ­sowie Wirtschaftswissenschaftlern der Uni­versitäten Dortmund, Bochum und Duisburg-Essen.
Die Forschungsaktivität innerhalb der Arbeitsgruppe von Prof. Anita Winter konzentriert sich auf die Analyse von komplex wechselwirkenden stochastischen Systemen, welche in der mathematischen Physik und der mathematischen Biologie auftreten. Ein Forschungsschwerpunkt liegt bei Systemen und Fragen, die durch die ­mathematische Biologie, insbesondere durch die Evolutionstheorie und Zellbiologie, motiviert sind. Dabei werden zum Beispiel Populationen von Individuen betrachtet, die durch einen ­(biologischen) Typen charakterisiert sind. Innerhalb einer gegebenen geographischen Struktur findet Migration statt. Die Individuen reproduzieren sich mit Raten, die lokal von jeweiligen lebenswichtigen Ressourcen sowie der aktuellen Größe der Populationen abhängen, die um diese Ressourcen (mit-)konkurrieren. Man interessiert sich dafür, unter welchen Bedingungen an
die Parameter des Modells Individuen unterschiedlicher Phänotypen auch nach langer Zeit nebeneinander koexistieren können. Mit dieser Thematik beteiligt sich die Arbeitsgruppe am DFG Sonderforschungsbereich/Transregio 12 „Symmetries and Universalities in Mesoscopic systems“ mit einem Teilprojekt „Fluctuations and large deviations in nonequilibrium stochastic dynamics“. Dies ist ein gemeinsames Forschungsprojekt von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus der Mathematik und Physik der Universitäten Bochum, Duisburg-Essen, Köln sowie der LMU München.
Viele Mikroorganismen, insbesondere RNA-Viren, evolvieren so schnell, dass Evolution und Epidemiologie auf derselben Zeitskala stattfinden. Die großen Mutations- und Replikationsraten führen zu Diversität, die es erschwert, Epidemien unter Kontrolle zu bekommen. Die Pathogenmuster – und insbesondere die Topologie der Phylogenien – werden von der Stärke des selektiven Drucks, ausgeübt durch die entsprechenden Level von Kreuzimmunität, beeinflusst. Mit Kreuzimmunität wird die Reaktion des Immunsystems des Wirtes bezeichnet, die den Virusstrang sowie ähnliche Varianten bekämpft. Damit ­verbundene Fragestellungen werden von der ­Arbeitsgruppe in einem Teilprojekt „Modelling of evolving phylogenies in the context of phylogenetic pattern“ in dem DFG-Schwerpunktprogramm SPP 1590 „Probabilitstic Structures and Evolution“ untersucht. Diese Forschungstätigkeit wird in engen internationalen Kooperationen (Frankreich, Indien, Israel, Kanada, Singapur) verfolgt.