Nanowissenschaften

Wissenschaftlicher Direktor: Prof. Dr. Christof Schulz
Wissenschaftlicher Direktor : Prof. Dr. Christof Schulz
Geschäftsführerin (Bis Ende 2011): Dr. Marion Franke
Geschäftsführerin (Bis Ende 2011): Dr. Marion Franke

Die zahlreichen Kooperationen zwischen den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern von CENIDE, von denen rund 170 aus Drittmitteln finanziert werden sowie mit externen Partnern haben auch in den Jahren 2010 und 2011 wieder zu einer Vielzahl von Veröffentlichungen, Patenten und erfolgreichen Projekten geführt. Daher ist die nachfolgende Berichterstattung nur ein Ausschnitt der Forschungsaktivitäten:

Nano und Informationstechnologie

Magnetische Nanopartikel, kleiner als 20 Nanometer, werden zum Beispiel in zukünftigen intelligenten Sensoren und in der Medizin eingesetzt. Dafür ist eine genaue Einstellung der magnetischen Eigenschaften notwendig. Die Arbeitsgruppe um Prof. Michael Farle zeigte nun erstmalig quantitativ, dass kleinste Veränderungen von Form und Zusammensetzung einzelner Partikel sowie die Anzahl benachbarter Teilchen dramatischen Einfluss auf das magnetische Verhalten haben. Passend dazu konnten die Arbeitsgruppen um die Professoren Peter Entel, Michael Farle und Heiko Wende in einem gemeinschaftlichen Forschungsprojekt Regeln für die gezielte Produktion von Nanomagneten mit definierten Eigenschaften aufstellen. Ihre Ergebnisse ermöglichen es, bereits vor der Produktion die magnetischen Eigenschaften des Endproduktes einzustellen.

Damit hat diese Arbeit ebenso Einfluss auf die Informationstechnologie wie die Forschung der Arbeitsgruppe um Prof. Axel Lorke: Die Physiker haben es geschafft, einzelne Elektronen in Halbleiter-Nanostrukturen gezielt zu manipulieren. Zusammen mit Kollegen an der Universität Hamburg und der Ruhr-Universität Bochum ist ihnen damit ein wichtiger Schritt zur Realisierung neuartiger Computerkonzepte gelungen, die künftig Probleme lösen könnten, an denen heutige Rechner scheitern.

Nano und Leben

Eine Frage, die auch über die wissenschaftliche Gemeinschaft hinaus Interesse geweckt hat, konnte die Arbeitsgruppe um Prof. Matthias Epple im Rahmen des DFG-Schwerpunktprogramms 1313 „Biological Responses to Nanoscale Particles“ klären: Silber-Nanopartikel finden sich zunehmend in Gegenständen des täglichen Bedarfs, weil sie antibakteriell wirken. Seit Epples Forschungsergebnis steht die Ursache dafür fest. Silber-Nanopartikel lösen sich mit der Zeit langsam unter Abgabe von Silberionen auf, die ihrerseits die Mikroorganismen töten. Den Einfluss von Nanopartikeln auf höhere Organismen untersuchen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im EU-Projekt „NANODEVICE“, an dem Prof. Heinz Fissan und Dr. Thomas Kuhlbusch beteiligt sind. Bis 2013 werden hier an der Kleidung zu befestigende Messgeräte entwickelt, die es erlauben, Nanopartikel-Expositionen am Arbeitsplatz zu messen. 

Nanomaterialien

Die Arbeitsgruppe um Prof. Markus Winterer hat in detaillierten Langzeitversuchen das Kristallwachstum von nanostrukturiertem Zinkoxid (ZnO) bei Raumtemperatur beobachtet. Die Forscherinnen und Forscher bedienten sich dazu eines neuen Modells, das die Kinetik des Wachstums, bei dem die Chemisorption von Wasser eine große Rolle spielt, beschreibt. Die Ergebnisse wirken sich auf sämtliche der vielfältigen Anwendungen von ZnO-Nanopartikeln aus, da man nach den hier erhaltenen Ergebnissen davon ausgehen muss, dass ihre Stabilität über längere Zeit vom Wasserdampfpartialdruck abhängt. Sogar gezielt steuern lässt sich dagegen die Stabilität von Polymerketten, die die Arbeitsgruppe um PD Dr. Nils Hartmann untersucht hat: Das Team bewies, dass rund 100Nanometer lange Polymerketten als winzige Schalter für künftige technische Anwendungen dienen können. Damit widerlegten die CENIDE-Forscherinnen und -Forscher die bislang vorherrschende Meinung, die Reaktionszeit der Strukturen sei zu langsam. Die Bedeutung dieser Entdeckung wird durch die Einstufung als „VIP Paper“ in der renommierten Fachzeitschrift „Angewandte Chemie“ deutlich.

Nano und Energie

Mit dem Forschungsbau „NanoEnergieTechnikZentrum“ NETZ entsteht derzeit ein bisher einzigartiger Komplex für die Verknüpfung von Grundlagenforschung und anwendungsbezogener Weiterverarbeitung: Durch das Prinzip der „linked facilities“, also direkt miteinander verbundene Labore, werden Nanomaterialien erforscht und unmittelbar für energietechnische Anwendungen weiterverarbeitet und funktionalisiert. Im Herbst 2012 wird das Gebäude bezugsfertig sein. Doch auch ohne die unmittelbare räumliche Nachbarschaft, die das neue Forschungsgebäude ermöglichen wird, funktioniert die Zusammenarbeit im NETZ-Projekt bereits seit seinen Anfängen vor drei Jahren: Ein Beispiel ist die gemeinsame Forschungsarbeit von Dr. Gabi Schierning und Dr. Hartmut Wiggers. Sie haben erstmals effiziente Nanomaterialien für thermoelektrische Anwendungen aus der Gasphase synthetisiert. Eine Sensation in Forscherkreisen, denn die Thermoelektrik benötigt dringend neue Werkstoffe, verwendet man doch bisher fast immer das extrem teure Tellur oder das umweltschädliche Blei. Nano-Silizium bietet da eine günstige, ungiftige Alternative. Mit der Methode von Schierning und Wiggers entstehen nun erstmals nanoskalige Silizium-Germanium-Legierungen mit Dotierung in einem Schritt.

Die Arbeitsgruppe um Prof. Michael Horn-von Hoegen untersucht das Wachstum von einlagigen kristallinen Kohlenstoffschichten – das neue Wundermaterial Graphen – auf Iridium-Substraten. Der Gruppe ist es gelungen, defektfreie Graphen-Lagen in einem einzigen Prozessschritt zu synthetisieren. Mit der elektrischen Anbindung von funktionalisiertem Graphen an Elektroden hat sich eine Kooperation zwischen den Arbeitsgruppen um Dr. Wolfgang Mertin und Prof. Gerd Bacher beschäftigt: Mithilfe einer sehr spezifischen Messmethode konnten sie den Widerstand des Materials an der Kontaktstelle zwischen Graphen und Elektrode erstmals hochaufgelöst und nanometergenau bestimmen.

Zum Thema „Photovoltaik“ ist der Arbeitsgruppe um Prof. Franz-Josef Tegude eine außerordentliche Forschungsleistung gelungen: Nanodrähte aus Verbindungshalbleitern verfügen über ein sehr kleines Volumen und gleichzeitig über eine sehr große Oberfläche. Die Arbeitsgruppe hat es mittels selektiver Dotierung von Hülle und Kern des Nanodrahts geschafft, höchstdotierte axiale und koaxiale Galliumarsenid-pn-Übergänge zu erzeugen. So konnten sie die Umwandlung von Licht in Strom auch unter Extrembedingungen besonders effizient gestalten.

Viele der Nanomaterialien, die von CENIDE-Wissenschaftlerinnen und -Wissenschaftlern erforscht, analysiert, funktionalisiert oder weiterverarbeitet werden, stammen aus dem Institut für Energie- und Umwelttechnik e. V. (IUTA), einem An-Institut der UDE, das mit CENIDE eng vernetzt ist. Dessen Syntheseanlage im Technikumsmaßstab produziert maßgeschneiderte Nanopartikel in der Gasphase in der Größenordnung „Kilogramm pro Stunde“.