Center for Computational Sciences and Simulation
Die am CCSS beteiligten Arbeitsgruppen werden vielfältig unterstützt durch DFG-Sonderforschungsbereiche (Transregio-SFB 60, SFBs 445, 491, 616), -Schwerpunktprogramme (SPPs 1239, 1386, 1486, 1538, 1599) und -Forschergruppen oder auch durch BMBF-Verbundprojekte oder andere Förderung.
Die Arbeitsgruppe von Prof. Peter Entel nutzt die massiv parallelen Rechnerplattformen an der UDE bzw. am Jülich Supercomputing Centre (JSC), um hochaktuelle Probleme aus dem Bereich der kondensierten Materie, zum Beispiel im Bereich der Entwicklung neuer magnetischer Speichermaterialien im Nanometerbereich, zu erforschen. Materialien mit Zukunftspotential sind beispielsweise Eisen-Platin Nanopartikelsysteme. In Zusammenarbeit mit den experimentellen AGs von Prof. Heiko Wende und Prof. Michael Farle wurden hartmagnetische Eigenschaften abgedeckter Übergangsmetallcluster untersucht, die in späteren Anwendungen zum Einsatz kommen könnten.
Ebenfalls mithilfe massiv paralleler Rechner führt die Arbeitsgruppe von Prof. Peter Kratzer sehr aufwändige Berechnungen mit so genannten Hybrid-Dichtefunktionalen durch, um die Eigenschaften von Kohlenstoff-Defekten in ZnO aufzuklären. Dieses Thema soll in einem gemeinsamen Projekt der AGs Entel und Kratzer weiter verfolgt werden.
Die Arbeitsgruppe von Prof. Georg Jansen befasst sich mit der Entwicklung quantenchemischer Methoden zur präzisen Berechnung der Stärke der Wechselwirkungen zwischen Molekülen und deren Anwendung auf experimentell relevante Systeme. Hierbei liegt ein Schwerpunkt auf Verfahren, die die in Chemie und Physik gängigen Dichtefunktionalmethoden um die explizite Erfassung langreichweitiger Elektronenkorrelationseffekte ergänzen. Diese Verfahren sollen mittel- und langfristig dazu dienen, das Verhalten molekular aufgebauter kondensierter Materie ab-initio, das heißt im Idealfall ohne Zuhilfenahme experimenteller Informationen beschreiben zu können. Dies soll durch Verwendung quantenchemisch abgeleiteter Modellpotenziale in Molekulardynamik-Simulationen erreicht werden, die zum Beispiel auch für die AGs von Prof. Eckhard Spohr oder Prof. Daniel Hoffmann ein wichtiges Instrument darstellen.
In ab-initio-MD-Simulationen der Arbeitsgruppe von Prof. Spohr konnte anhand stark vereinfachter Modelle wassergefüllter Poren in Nafion gezeigt werden, dass bei geeigneter chemischer und physikalischer Struktur der Pore, die durch einen charakteristischen Sulfonat-Sulfonat-Abstand beschreibbar ist, die Protonenbeweglichkeit ab einem bestimmten Wassergehalt analog zur experimentellen Leitfähigkeit in Nafionmembranen sprunghaft zunimmt. Durch Weiterentwicklung der Methodik sollen immer komplexere nanostrukturierte Materialien auf unterschiedlichen Zeit- und Längenskalen modelliert werden mit dem Ziel, ihre innere Dynamik und chemische Reaktivität zu verstehen.
In der Arbeitsgruppe Bioinformatik von Prof. Hoffmann wurde eine neue, computergestützte Methode für die HIV-Diagnostik entwickelt, sowie weitere maschinelle Lernmethoden zur Analyse biologischer Sequenzen. Mit anderen rechnerischen Methoden, wie zum Beispiel der MD-Simulation, konnten Eigenschaften verschiedener Biomoleküle erklärt oder vorhergesagt werden. In der Weiterentwicklung sollen Biomoleküle mit neuen Eigenschaften für die Biomedizin entworfen und die Evolution und Diversität von Viren und Mikroorganismen auf molekularer Ebene charakterisiert werden.
Die Entwicklung hochskalierbarer numerischer Algorithmen auf Basis von Gebietszerlegungsverfahren ist ein Forschungsschwerpunkt am Lehrstuhl für Numerische Mathematik von Prof. Axel Klawonn in Essen. Bei der Entwicklung numerischer Simulationsverfahren und -software für Probleme aus der Struktur- und Biomechanik ist ein Softwareökosystem entstanden, mit dem auch auf der Cray XT6m der UDE erfolgreich parallele Simulationen nichtlinearer, fast inkompressibler Elastizitätsprobleme aus dem Bereich der Arterioskleroseforschung durchgeführt werden konnten. Prof. Klawonn und Dr. Oliver Rheinbach haben dabei eng mit Prof. Schröder vom Institut für Mechanik der UDE in Essen sowie Prof. Raimund Erbel und Dr. med. Dirk Böse vom Westdeutschen Herzzentrum des Universitätsklinikums Essen zusammen gearbeitet.
Im Rahmen eines von Prof. Jörg Schröder und Dr. Daniel Balzani betreuten Teilprojekts der DFG-Forschergruppe „Microplast“ wird am Institut für Mechanik die Finite-Element-Simulation von mikroheterogenen Stählen unter Verwendung von direkten Homogenisierungsverfahren untersucht. Hierfür werden statistisch ähnliche repräsentative Volumenelemente (SSRVEs) durch Lösung eines Optimierungsproblems basierend auf statistischen Maßen der Mikrostruktur konstruiert. Für die Erweiterung auf die Konstruktion von dreidimensionalen SSRVEs werden reale Stahl-Mikrostrukturen verwendet, die am Institut von Prof. Dierk Raabe des Max-Planck-Instituts für Eisenforschung GmbH in Düsseldorf analysiert werden. Ein Abgleich der Simulationen mit experimentellen Daten wird in Kooperation mit Thyssen-Krupp Steel AG untersucht. Obwohl durch den Einsatz der SSRVEs geringere Komplexitäten erreicht werden, erfordert eine effiziente Simulation den Einsatz massiv paralleler Rechner wie der Cray XT6m.
„So genau wie nötig, so effizient wie möglich“ ist das Konstruktionsprinzip der so genannten „Quasikontinuumsmethode“. Sie investiert als atomistisch-basierte Finite-Element-Methode nur in den mechanisch hochbeanspruchten Zonen von metallischen Kristallen die Genauigkeit einer vollatomaren Auflösung. PD Dr. Bernhard Eidel, Institut für Mechanik von Prof. Schröder, verwendet diese adaptive Methode auch für die Analyse von Schädigung und Versagen von Bauteilen mit Mikrometer-Abmessungen. Simulationen auf noch größeren Längenskalen sollen zukünftig helfen, für die Mikrosystemtechnik relevante Anwendungen zu erschließen.
Der Schwerpunkt der Forschungsarbeiten am Institut für Schiffstechnik, Meerestechnik und Transportsysteme (ISMT) liegt auf dem Gebiet der numerischen Hydrodynamik und der Fluid-Struktur-Wechselwirkungen. So werden zum Beispiel bei der Vorhersage der wirkenden aero- und hydrodynamischen Kräfte auf Schiffe im Elberevier zur Ermittlung der erforderlichen Schlepperleistung numerische Simulationen der viskosen Strömung durchgeführt, die später bei der Wahl der Schlepperleistungen herangezogen werden können.
Fragestellungen aus dem Bereich der Statistischen Physik fernab vom Gleichgewicht standen im Mittelpunkt der Forschungsaktivitäten der Arbeitsgruppe von Prof. Dietrich Wolf. Im Rahmen des SFB 616 konnte eine kontroverse Frage hinsichtlich der Geschwindigkeitsabhängigkeit der Reibungskraft, die eine magnetische Spitze bei ihrer Bewegung entlang einer ebenfalls magnetischen Oberfläche abbremst, geklärt werden. Die dazu nötigen umfangreichen massiv parallelen Simulationen der klassischen Spindynamik großer Systeme wurden in Jülich am John-von-Neumann Institut für Computing (NIC) und auf der hiesigen CRAY durchgeführt.
Ein weiteres Thema betrifft Sinterprozesse (SFB 445) und Elektromigration (SFB 616), das heißt die Drift von Oberflächenatomen unter dem Einfluss von Gradienten im (elektro-)chemischen Potenzial. Eine umfangreiche Studie über den Einfluss der kristallinen Fehlorientierung zweier Nanopartikel auf deren Koaleszenz konnte abgeschlossen werden. Sie basiert auf einem neu entwickelten Hybridalgorithmus, der die kinetische Monte-Carlo Simulation der Atomdiffusion mit der Starrkörperdynamik der Schwerpunkts- und Rotationsfreiheitsgrade der Partikel kombiniert. Im Rahmen des SPP 1386 wurde diese Forschungsthematik in Zusammenarbeit mit der experimentellen Gruppe von Dr. Gabi Schierning und Prof. Roland Schmechel erweitert: Die Probenpräparation zur thermoelektrischen Optimierung von Siliziumnanopulver geschieht durch stromassistierte Verdichtung.
Ebenfalls mit kinetischen Monte-Carlo Simulationen werden Koagulationsprozesse, die zur Nanopartikelbildung führen, in der Arbeitsgruppe von Prof. Einar Kruis untersucht. Für diese sehr rechenintensiven Simulationen werden kostengünstige GPUs (Graphikprozessoren) genutzt, die sich durch ein hohes Maß an Parallelisierung auszeichnen, allerdings auch neue Algorithmen erfordern. In einem weiterführenden Projekt werden in Zusammenarbeit mit anderen Gruppen die Monte-Carlo Methoden mit CFD-Methoden zur Kontrolle der Produkteigenschaften bei der Nanopartikel-Synthese kombiniert. Neben dem Institut für Nanostrukturtechnik (NST) und dem IUTA ist auch das Institut für Verbrennung und Gasdynamik (IVG) daran beteiligt.
Der Lehrstuhl von Prof. Andreas Kempf simuliert reaktive, turbulente Mehrphasenströmungen. Dazu werden physikalische Modelle entwickelt, in Software implementiert und im Vergleich zu Experimenten validiert. Zum Einsatz kommen neben kommerziellen und freien Programmen auch Eigenentwicklungen, die sich besonders für den Einsatz auf Hochleistungsrechnern eignen. So wurden mit dem Programm PsiPhi bereits massiv parallele Simulationen mit mehr als 100 Millionen Elementen durchgeführt. Wesentliches Ziel der Arbeiten ist die Optimierung von Verbrennungsvorgängen.
Darüber hinaus werden am IVG durch eine enge Kooperation von Experiment, Modellbildung und Simulation in den Gruppen von Prof. Christof Schulz, Prof. Kempf, Dr. Irenäus Wlokas und Dr. Heidi Böhm Mechanismen von chemischen Reaktionen bei hohen Temperaturen untersucht. Anwendungsfelder reichen von Verbrennungsprozessen bis zur Synthese von Nanopartikeln in der Gasphase. Die Arbeiten zielen auf die Simulation von Einzelschritten von Zündvorgängen und motorischen Verbrennungsprozessen sowie die Unterstützung der Nanopartikelsynthese auch im Entwurf von neuen Anlagenkonzepten.
Schematische Darstellung (links) der Probenpräparation metallischer (oxid und ligandenfreier) Fe-Pt Partikel dekoriert mit Al (rechts).
Visualisierung einer patientenspezifischen Arteriengeometrie
Finite Element Diskretisierung einer realen Stahl-Mikrostruktur in Kooperation mit Prof. Dierk Raabe vom Max-Planck Institut für Eisenforschung und Thyssen-Krupp Steel AG