Biomedizinische Wissenschaften
Der Forschungsschwerpunkt „Biomedizinische Wissenschaften“ vernetzt die naturwissenschaftliche Grundlagenforschung an der UDE mit der anwendungsorientierten medizinischen Forschung am Universitätsklinikum Essen. Er umfasst das Zentrum für Medizinische Biotechnologie und das Erwin L. Hahn Institut für Magnetresonanz (siehe Seite 78). Das Zentrum für Medizinische Biotechnologie (ZMB) ist ein interdisziplinäres, wissenschaftliches Zentrum der Universität Duisburg-Essen (UDE) und vernetzt die medizinische Forschung am Universitätsklinikum Essen mit den Naturwissenschaften am Campus.
Die 55 Forschergruppen des ZMB sind in der biomedizinischen Forschung aktiv und werden in vier Forschungsprogramme untergliedert:
- Onkologie
- Immunologie, Infektionskrankheiten und Transplantation
- Genetik, Entwicklungs-, Molekular- und Zellbiologie
- Biomolekulare Strukturen und Funktionen.
Der interdisziplinäre Ansatz, der Methoden aus der (Bio-)Chemie, Genetik, Bioinformatik, Medizin bis hin zur Strukturbiologie und bildgebenden Verfahren kombiniert, gibt die Möglichkeit, pathologische Prozesse vom Gen über das Protein zur Zelle bis hin zum lebenden Modellorganismus und schließlich zu den Patientinnen und Patienten zu untersuchen.
Ergänzt wird der Schwerpunkt durch das Erwin L. Hahn Institut für Magnetresonanz, in dem ein internationales Team aus Ingenieurinnen und Ingenieuren, Naturwissenschaftlerinnen und Naturwissenschaftlern sowie Medizinerinnen und Medizinern arbeitet. Ein Hauptziel ist es, mit seinen Entwicklungen die Vorteile der Hochfeld-MRT Bildgebung auf den gesamten menschlichen Körper anzuwenden und die Verbreitung dieser Hochfeld-MRT Technologie voranzutreiben.
Diese Vielfalt von etablierten modernen Methoden und der vorhandenen Expertisen erlaubt es den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Profilschwerpunkts „Biomedizinische Wissenschaften“, den Mechanismus einer Krankheit auf molekularer Ebene zu verstehen, um mithilfe biotechnologischer Methoden relevante Prozesse beeinflussen zu können.
2011 wurden vier Brückenprofessuren im ZMB eingerichtet, wobei jeweils zwei Professoren der Fakultät für Biologie und Medizin angehören. Sie unterstützen nicht nur fachlich die Forschung im ZMB, sondern auch die Ausbildung im interdisziplinären Studiengang Medizinische Biologie.
Die erste Brückenprofessur nahm 2010 Markus Kaiser an. Er leitet den Bereich Chemische Biologie in der Fakultät für Biologie. Seine Arbeitsgruppe synthetisiert niedermolekulare, bioaktive chemische Verbindungen zur Steuerung zellulärer Prozesse. Die entwickelten Moleküle können sowohl in der biomedizinischen Grundlagenforschung als auch als Wirkstoffe in der medizinischen Anwendung – zum Beispiel zur Behandlung von Krebs oder neurodegenerativen Erkrankungen – eingesetzt werden.
Matthias Gunzer trat 2011 die zweite Brückenprofessur an der Medizinischen Fakultät an. Er leitet sowohl das Institut für Experimentelle Immunologie und Bildgebung, als auch das Imaging Center an der Uniklinik Essen. Als Brückenprofessor hat er darüber hinaus ein Labor im ZMB am Campus Essen. Die Forschungsschwerpunkte seiner Arbeitsgruppe liegen insbesondere in der Charakterisierung der Dynamik des Verhaltens von Immunzellen. Zentrale Themen sind dabei die Mobilisierung aus den Orten der Entstehung, ihre funktionelle Aktivität, ihr Bewegungsmuster unter verschiedenen Bedingungen sowie die Ausbildung von Zell-Zell-Interaktionen während des Ablaufs der Immunantwort in vivo. Um dies zu erforschen, werden hochspezielle bildgebende Verfahren eingesetzt, wie das intravitale 2-Photonen-Mikroskop. Hierbei können immunologische Vorgänge am lebenden Organismus untersucht und beispielsweise die Funktionen von Immunzellen in wichtigen Organen wie den Lymphknoten, dem Knochenmark, dem Gehirn und der Lunge direkt visualisiert werden. Zwei weitere Brückenprofessuren werden in2012 folgen.
Die erfolgreiche Forschung hat auch in den vergangenen zwei Jahren erneut zur Einwerbung von Verbundprojekten geführt.
Das DFG-Graduiertenkolleg „Molekulare Determinanten der zellulären Strahlenantwort und ihre Bedeutung für die Modulation der Strahlensensitivität“ (GRK 1739) konnte 2011 mithilfe der Koordinatorin Prof. Verena Jendrossek eingeworben werden. Das zunächst für viereinhalb Jahre geförderte Verbundprojekt zielt darauf ab Moleküle zu identifizieren, die die zelluläre Reaktion auf ionisierende Strahlung bestimmen, und daher potenziell als neue therapeutische Zielstrukturen geeignet sind: Wie wird auf molekularer Ebene die Reaktion der Zelle auf die Strahlung bestimmt, welche Veränderungen in Tumorzellen führen zu einer Strahlenresistenz und lässt sich die Strahlenwirkung durch eine zielgerichtete Modulation zellulärer Signalprozesse beeinflussen? Im Rahmen dieses multidisziplinären Projektes sollen somit die molekularen Grundlagen für die Entwicklung effektiver Strategien zur Verbesserung der Strahlentherapie geschaffen werden, die eine der wichtigsten und wirkungsvollsten Therapieoptionen in der Tumor-Bekämpfung ist.
Prof. Ann Ehrenhofer-Murray ist Koordinatorin für das DFG-Graduiertenkolleg „Transkriptionskontrolle, Chromatinstruktur und DNA Reparatur in Entwicklung und Differenzierung“ (GRK 1431). Nach einer sehr erfolgreichen ersten Förderphase erhielt man 2011 eine Verlängerung für weitere viereinhalb Jahre. In diesem GRK werden die Forschungskompetenzen aus dem Gebiet der Chromatinforschung und Genregulation gebündelt. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der biologischen und der medizinischen Fakultät der UDE arbeiten zusammen, um zu verstehen, wie Zellen die genetische Information (DNA) organisieren und ablesen, und wie Unterschiede in dieser Regulation zur Entwicklung einzelner Zelltypen und Organe innerhalb eines Organismus führen.
Zudem wurden drei Schwerpunktprogramme, an denen Forscherinnen und Forscher aus dem ZMB beteiligt sind, für jeweils drei Jahre bei der DFG eingeworben. Hierzu zählen das SPP 1365 „The regulatory and functional network of ubiquitin family proteins”, das 2011 verlängert wurde, und die 2010 neu eingeworbenen SPP 1464 „Principles and evolution of actin-nucleator complexes“ und SPP 1468 „Osteoimmunology – IMMUNOBONE – A Program to Unravel the Mutual Interactions between the Immune System and Bone“.
Ein exklusives Mentoringprogramm für Doktorandinnen und Doktoranden wurde 2011 ins Leben gerufen. Hierfür konnten fünf Nobelpreisträger aus den Bereichen Chemie und Medizin als Gastprofessoren gewonnen werden, die jedes Jahr von ihnen ausgesuchte Promovierenden betreuen und Vorträge an der UDE halten. Das Mentoring ist für die Promovierenden eine fantastische Möglichkeit, in Einzelgesprächen mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern zu kommunizieren, die in ihrer Karriere alles erreicht und vieles gesehen haben. Das Programm wird unterstützt von Prof. Robert Huber (Nobelpreis 1988), Prof. Harald zur Hausen (Nobelpreis 2008), Prof. Jean-Marie Lehn (Nobelpreis 1987), Prof. Erwin Neher (Nobelpreis 1991) sowie Prof. Kurt Wüthrich (Nobelpreis 2002).