Forschung
Die Basis des thematischen Schwerpunktes Nanopartikel und -materialien bildet der international angesehene Sonderforschungsbereich „Nanopartikel aus der Gasphase“. Dessen Gegenstand ist die Untersuchung der Entstehungsvorgänge von Nanopartikeln aus der Gasphase, im Gegensatz beispielsweise zu kolloidchemischen Verfahren. Daraus resultieren wichtige Erkenntnisse über die Beziehungen zwischen Partikelstruktur und Partikeleigenschaften, die unverzichtbar sind für den Einsatz der Nanomaterialien in neuen Anwendungen, wie zum Beispiel als neuartige Katalysatoren oder als neue elektrische beziehungsweise magnetische Bauelemente für Sensoren oder Solarzellen. Mit der Expertise, Nanopartikel von frei gewähltem Durchmesser aus einer großen Zahl von Materialien herstellen zu können, verfügt das Duisburger Labor fast über eine Alleinstellung in der Welt.
Unter der Leitung von Prof. Christof Schulz, Verbrennungsdynamik, werden jetzt drei Pilotanlagen beim Institut für Energie- und Umwelttechnik (IUTA) in Duisburg-Rheinhausen aufgebaut, die es erlauben, hochspezifische Nanopartikel in Gebinden von einigen Litern der Industrie zur Verfügung zu stellen.
Ein interessantes Einsatzgebiet der Nanopartikel ist die Nanobiomedizin. Der Chemiker Prof. Matthias Epple in Essen synthetisiert DNA-funktionalisierte anorganische Nanopartikel auf der Basis von Calciumphosphat zum Gentransfer und zur Herstellung bioaktiver Oberflächen. Aber auch Nanokapseln, das sind hohle Nanopartikel, stellt Prof. Christian Mayer, Physikalische Chemie, her. Von diesen Kapseln verspricht man sich als Anwendung, dass man sie mit Pharmaka füllen kann, die sie dann gezielt an die richtige Stelle im Körper transportieren und dort freisetzen, so dass sich lokal wirksame und nebenwirkungsarme Therapiemöglichkeiten ergeben.
Der thematische Schwerpunkt Nano(opto)-elektronik wird repräsentiert durch das 2006 von der DFG eingerichtete Graduiertenkolleg „Nanotronics – Optoelektronik und Photovoltaik aus Nanopartikeln“. Das Graduiertenkolleg nutzt die Expertise im Bereich der Nanopartikel und arbeitet mit der Vision, Nanopartikel für die großflächige Umwandlung von elektrischer Energie in Licht und umgekehrt die Umwandlung von Licht in elektrische Energie zu nutzen. Das Graduiertenkolleg ist eine Kooperation mit dem Science to Business Centre Nanotronics der Firma EVONIK/Degussa in Marl und bildet bis Ende 2010 acht besonders qualifizierte Stipendiaten aus. Ein solches gemeinsam mit einem Industriepartner getragenes DFG-Graduiertenkolleg gibt es ansonsten nur noch einmal in Deutschland.
Dem Physiker Dr. Cedrik Meier ist es gelungen, in einem Wettbewerb ein mit 1.5 Millionen Euro dotiertes Nachwuchsprojekt des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) zu gewinnen. Vom ihm werden zwei hochaktuelle Forschungsthemen zusammengebracht: Photonische Kristalle und das Material Zinkoxid. In Photonischen Kristallen lässt sich die Ausbreitung von Licht durch die Materialeigenschaften kontrollieren. So kann man etwa Licht auf engstem Raum auf einen Halbleiterchip führen, abbremsen oder auch einsperren. Auf diese Weise lässt sich die Wechselwirkung zwischen dem Licht und dem Halbleiter erheblich verstärken, was die Schaffung neuartiger Bauelemente ermöglicht. Das wichtigste Beispiel hierfür sind Nanolaser, die mit verschwindender Laserschwelle arbeiten und als Einzel-Photonen-Quellen in der Quanteninformationstechnologie zukünftig eine große Rolle spielen könnten. Dr. Cedrik Meier wurde auch von der Nordrhein-Westfälischen Akademie der Wissenschaften in das Junge Kolleg gewählt.
In einem thematischen Zusammenhang stehen damit auch die Arbeiten von Dr. Nils Hartmann, Chemie, obwohl ganz andere Techniken eingesetzt werden. Ihm ist es gelungen, eine eindimensionale Kette von Gold-Clustern mit 14 Nanometern Durchmesser zu „bauen“. Solche Strukturen könnten in zukünftigen Computerchips als Lichtleiter dienen, mit dem Vorteil, dass Licht die Informationen schneller überträgt als die jetzigen elektrischen Verbindungen. Das Besondere ist, dass Dr. Nils Hartmann für die Präparation ganz simple Techniken wie die Chemie in Bechergläsern und das Beschreiben eines Substrats mit einem fokussierten Laser in einem Aufbau verwendet hat, der auf einen Labortisch passt.
Diese Art der Lichtleitung gehört zum neuen Wissenschaftsgebiet der Plasmonics, das auch Dr. Frank Meyer zu Heringsdorf bearbeitet. Er macht die Ausbreitung der Plasmonen in Silbernanostrukturen mit Hilfe eines Elektronenmikroskops, das mit Belichtungszeiten von zehn Femtosekunden (10-15 s) arbeitet, sichtbar.
Am anderen Ende der Skala technischen Aufwands werden in einem neu eingerichteten Reinraum in der Elektrotechnik einzelne Quantenpunkte aus Cadmiumselenid präpariert. Dabei handelt es sich um 10 Nanometer kleine Kristalle, die epitaktisch auf Galliumarsenid aufgebracht werden. Ihren Namen bekommen diese Strukturen, weil diese Kristalle in keiner Raumdimension ausgedehnt, also (fast) punktförmig sind, und aufgrund dessen besondere in der Quantenphysik begründete Eigenschaften haben. Prof. Gerd Bacher und Dr. Tilmar Kümmell konnten nun als Erste die Emission von grünem Licht aus einem einzelnen Quantenpunkt bei Raumtemperatur demonstrieren. Zuvor war Lichtemission immer nur mit gekühlten Devices, die Millionen von Quantenpunkten aufwiesen, erreicht worden.
Im Zentrum für Halbleitertechnik und Optoelektronik (ZHO) wurden Nanodraht-Feldeffekttransistoren mit einem Durchmesser von nur wenigen Nanometern demonstriert, die eine doppelt so hohe Verstärkung wie bei allen bisher bekannten Feldeffekttransistoren aufweisen.
Für den Forschungsschwerpunkt Nanomagnetismus ist – neben dem gemeinsam mit der Ruhr-Universität Bochum eingerichteten Sonderforschungsbereich „Magnetische Heteroschichten“ – ein von Dr. Andreas Ney eingeworbener Marie-Curie Excellence Grant der EU, MAGLOMAT, von zentraler Bedeutung. Hier geht es um Materialien, die in Zukunft dazu dienen könnten, den Spin des Elektrons als Träger der Information in der Elektronik („Spintronics“) zu nutzen. Der Schwerpunkt der Forschung liegt zunächst auf dem Verständnis, wie magnetische Ordnung durch Dotierung in einem Halbleiter entsteht; dazu werden auch magnetische Nanopartikel in einem Halbleiter als Modellsystem verwendet. In diesem Kontext werden Silicat-gekapselte Cobalt-Nanopartikel mit Durchmessern von 20 bis 30 Nanometern hergestellt. Dabei beobachtete Dr. Marina Spasova, dass sich bei ihrer Synthese selbstorganisierte Strukturen mit ketten- und ringartigen Formationen bilden, wenn während der Synthese schwache Magnetfelder angelegt werden. Hierfür ist die magnetische Dipol-Dipol Wechselwirkung verantwortlich. Mit dieser unkomplizierten Methode lassen sich Perlenketten-ähnliche Strukturen erzeugen. Molekulardynamische Simulationen, wie sie von Prof. Peter Entel durchgeführt wurden, in denen die dipolaren magnetischen Kräfte berücksichtigt werden, erlauben eine sehr gute Reproduktion der selbstorganisierten Strukturen.
Zu dem Forschungsprogramm gehört auch die Untersuchung elementarer Vorgänge. So sind die Forscher beispielsweise in der Lage, die Bewegung von Atomen an Oberflächen durch stroboskopartige Beleuchtung mittels extrem kurzer Elektronenpulse zu verfolgen und damit Schmelzvorgänge und Wärmeleitung mit einer Zeitauflösung von Femtosekunden (10-15 s) zu untersuchen.
Nanowissenschaften lassen sich erfolgreich nur im engen Wechselspiel zwischen Experimenten und Computersimulationen betreiben. Ein Hauptthema der theoretischen Forschungsarbeiten ist die Suche nach Materialien mit optimierten magnetischen und optischen Eigenschaften für Anwendungen in der Nanotronik und Spintronik sowie nach Dünnschicht-Materialien, die es erlauben sollen, Silicium-basierte Elektronik um die Funktionalität magnetischer Materialien zu erweitern. Hier gelangte Prof. Peter Kratzer zu dem Ergebnis, dass sehr dünne Mangan-Silicium-Schichten ein ungewöhnliches magnetisches Verhalten zeigen, und damit das Potential besitzen, um Magnetoelektronik mit konventioneller Elektronik zu verbinden.
Zur Wahrnehmung der gesellschaftlichen Verantwortung gehört es auch, die möglichen zell- und gesundheitsschädlichen Folgen zu untersuchen, die entstehen können, wenn Nanopartikel in die Umwelt gelangen und von Organismen aufgenommen werden. Aus diesem Grunde wurde von der Universität Duisburg-Essen unter Leitung von Prof. Reinhard Zellner ein Schwerpunktprogramm der DFG initiiert, das auch von ihm in den nächsten Jahren koordiniert wird.